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Christ & Welt

Sittsamkeit ist wichtig: was nicht anzuziehen ist

Tim Challies hat vor einigen Jahren einige dreiteilige Artikelreihe veröffentlicht, auf die ich kürzlich aufmerksam gemacht wurde. Die Ausführungen sind, wie ich finde, wirklich hilfreich (und zeigen auch, dass es sich hier um kein singulär russlanddeutsches Problem handelt): Challies geht das Thema biblisch und sehr differenziert an, pauschalisiert nicht, sondern zeigt auf, worum es dem Evangelium und im Evangelium tatsächlich geht. Ich habe die Artikel gewinnbringend gelesen und empfehle die Lektüre herzlich weiter.

Ich habe mit der Genehmigung von Tim Challies den ersten und dritten Artikel seiner Reihe übersetzt, den zweiten habe ich kurz zusammengefasst. Die von Challies gebrauchten Begriffe „modesty“ und „immodesty“ habe ich mit „Sittsamkeit“ und „Unsittlichkeit“ übersetzt; das Adjektiv „keusch“ im heutigen deutschen Sprachgebrauch trifft die Bedeutung von „modesty“, finde ich, nicht sehr gut: „modesty“ meint Bescheidenheit, Zurückhaltung, keine Extravaganz und Arroganz und kann sich, wie auch Challies sagt, auf viele Bereiche beziehen. Hier geht es zur Übersetzung des ersten Artikels, hier die Zusammenfassung des zweiten Artikels:

Sittsamkeit ist wichtig: unvergängliche Schönheit

In dem zweiten Artikel „Sittsamkeit ist wichtig: unvergängliche Schönheit“ setzt sich Tim Challies genauer mit 1. Petrus 3,1-4 auseinander. Dabei zeigt er auf, dass wir als Sünder alle das Verlangen haben, bemerkt zu werden. Petrus weist die Frauen in den genannten Versen darauf hin, dass ihr Schmuck nicht äußerlich sein soll. Challies macht klar, dass Petrus nicht sagt, dass diese Frauen keinen äußeren Schmuck tragen dürfen (was nämlich bedeuten würde, dass sie auch keine Kleidung tragen dürfen).

Es geht um eine viel tiefere Frage, nämlich darum, wie wir uns von anderen Person erinnert wissen wollen. Sollen es äußere Attribute sein, die die anderen mit uns verbinden? Sittsamkeit bedeutet den aufrichtigen Wunsch zu haben, dass Gott bemerkt wird. Wir konzentrieren uns oft das Äußere – Gott geht es um das Innere. Auch wir sollten vielmehr auf innere Schönheit – einen gottesfürchtigen Charakter – bedacht sein, als auf Äußerlichkeiten, die ja sowieso vergehen.

Hier die Übersetzung des dritten Artikels, in dem Challies die Hauptpunkte des zweiten auch noch einmal kurz aufgreift:

Sittsamkeit ist wichtig: was nicht anzuziehen ist

Vor ein paar Tagen habe ich eine kurze Reihe über Sittsamkeit begonnen. Es ist nicht meine Absicht, dass diese Reihe alles über Sittsamkeit sagt. Vielmehr möchte ich unsere Gedanken einfangen und in eine bestimmte Richtung lenken, was heute, denke ich, klar werden wird. Ich sage schon vorher, dass dieser letzte Artikel der Reihe in manchen Hinsichten sicher unbefriedigend sein wird. Aber bleib dran und ich denke, dass du den Wert sehen wirst, so über Sittsamkeit nachzudenken. Zunächst möchtest du aber vielleicht „Das Herz der Sittsamkeit“ (siehe oben) und „Unvergängliche Schönheit“ (siehe die kurze Zusammenfassung) lesen.

Sittsamkeit ist wichtig

Gestern haben wir uns zwei Prinzipien aus 1 Petrus 3,1-4 angeschaut. Wir haben gesehen, dass der entscheidende Unterscheid zwischen Unsittlichkeit und Sittsamkeit der ist, dass es das primäre Anliegen der einen ist, selbst bemerkt zu werden, während die andere darauf bedacht ist, dass Gott bemerkt wird. Es gibt ein drittes Prinzip, das wir aus diesem Text entnehmen müssen und das ist einfach: Sittsamkeit ist wichtig. Sittsamkeit macht einen Unterschied, weil Gott sie gebraucht um sich selbst zu verherrlichen.

Petrus beginnt diesen ganzen Abschnitt damit, dass er eine großartige Möglichkeit vorstellt: „Ebenso ihr Frauen, ordnet euch den eigenen Männern unter, damit sie, wenn auch einige dem Wort nicht gehorchen, ohne Wort durch den Wandel der Frauen gewonnen werden, indem sie euren in Furcht reinen Wandel angeschaut haben!“  Er versichert den Frauen, denen er schreibt, dass Sittsamkeit wichtig ist, weil sie ihnen ermöglicht, ihren christlichen Charakter zur Geltung zu bringen. Der christliche Charakter kann eine kraftvolle Form der Evangelisation sein. Diese Frauen mussten sich entscheiden, ob sie Aufmerksamkeit auf sich selbst ziehen, indem sie Schönheit nur in Bezug auf äußere Dinge definieren, oder ob sie die Aufmerksamkeit auf Gott lenken würden, indem sie Schönheit primär in Bezug auf innere Dinge definieren. Wenn sie sich für das letzte entscheiden, würden sie als Zeugen der Gnade Gottes leben.

Erinnere dich, dass Petrus zu einer sehr spezifischen Gruppe geschrieben hat – zu Frauen, deren Ehemänner einem anderen Glauben gefolgt sind. Vielleicht haben diese Frauen gedacht, dass sie den Ansatz der rohen Gewalt anwenden und ihre Männer ins Reich Gottes hineinnörgeln können; oder vielleicht haben sie es durch weinen, betteln und flehen versucht. Petrus sagt ihnen, dieses alles nicht zu tun. Stattdessen sollen sie Unsittlichkeit ablegen und sich auf einen gottesfürchtigen Charakter konzentrieren. Ihr freundliches und respektvolles Verhalten wird solche Hinweise auf Christus geben, dass es womöglich auch ihre Ehemänner zum Retter zieht. In diesem Kontext enthält wahre Sittsamkeit – Sittsamkeit, die aus dem Evangelium entspringt – eine evangelistische Komponente.

Wir müssen darauf achten, dass wir Petrus nicht mehr in den Mund legen, als er hier tatsächlich meint. Keiner wird ein Christ, nur weil du dich sittsam kleidest. Wenn ein langes Kleid ausreichen würde, Leute davon zu überzeugen, auf Christus zu vertrauen, dann würde ich genau jetzt eins tragen! Was Petrus seinen Lesern zu verstehen geben möchte, ist, dass diese Frauen mit der Art und Weise, wie sie sich verhalten und kleiden, ihre Botschaft entweder bestätigen, oder dieser Botschaft widersprechen können.

Das macht total Sinn, oder? Wenn du das Evangelium predigst uns dabei ein skandalös tief ausgeschnittenes Kleid trägst, dann vermittelst du eine vermischte Botschaft. Du sagst eine Sache, bezeugst aber eine ganz andere. Mit deinen Worten sagst du „Schau auf Christus“, während du mit deiner Kleidung sagst „Schau auf mich!“ Wenn du das Evangelium in einem armen Teil der Stadt weitergibst und dabei einen 20.000-Dollar-Anzug trägst, dann sagst du eine Sache, bringst aber eine andere zum Ausdruck. Deine Worte sagen „Ich lebe für Gottes Ehre“, während deine Kleider sagen, „Ich lebe für meine Ehre“. Deine Kleider widersprechen der Botschaft. Sittsame Kleidung rückt dich in den Hintergrund und die Botschaft in den Vordergrund; Unsittlichkeit rückt dich in den Vordergrund und die Botschaft in den Hintergrund.

Es ist keine Sünde attraktiv oder schön auszusehen. Das Gegenteil ist der Fall! Aber es ist eine Sünde sich auf eine Weise zu kleiden, die bewusst die Aufmerksamkeit auf dich anstatt auf Gott lenkt. Wenn dein großes Verlangen ist, bemerkt zu werden, dann geht es dir nicht darum, einen gottesfürchtigen Charakter zu zeigen.

Ob du ein Mann oder eine Frau bist, du musst berücksichtigen, dass es wichtig ist, was du trägst. Wie du dich kleidest, bedeutet etwas. Wenn du eine neue Person triffst und einige Stunden mit ihr verbringst, dann soll es nicht dein Wunsch sein, als die Person in Erinnerung zu bleiben, die auf dem Stand der letzten Trends ist und die neuste Mode widerspiegelt. Es ist viel wichtiger, dass die Person weggeht und darüber nachdenkt, dass dein Charakter Zeugnis über die Gnade Gottes in deinem Leben abgelegt hat. Es geht darum, dass du nichts getan und getragen hast, was von der Botschaft, die du predigst, ablenkst.

Diese kleine Passage gibt uns also drei Prinzipien, die wir anwenden können: Wir wollen alle bemerkt werden; Sittlichkeit möchte, dass Gott bemerkt wird; Kleidung ist wichtig, weil sie dem Evangelium, das wir predigen, entweder widersprechen, oder es bestätigen kann.

Ich werde dir keine Checkliste geben, wie du dich sittsam kleiden kannst. Das kann ich nicht. Es wäre nicht möglich, eine Liste zu produzieren, die alle Situationen, alle Kulturen und alle Leute berücksichtigt. Jeder von uns muss darüber nachdenken, wie wir einander lieben und Gott durch die Art und Weise, wie wir uns kleiden, Ehre bringen können. Jeder von uns muss darüber nachdenken, wie wir uns so kleiden können, dass wir der Botschaft, die wir verkündigen, nicht widersprechen, oder davon ablenken.

Was anziehen?

Die letztendliche Lösung für Unsittlichkeit ist nicht eine Regelliste oder eine Checkliste; die Lösung ist das Evangelium, die Gute Botschaft von Jesus Christus. Und ist es nicht interessant, dass sich das Evangelium ganz darum dreht, gekleidet zu sein? Als Christus litt und starb, wurde er nackt ausgezogen und an ein Kreuz genagelt, an dem er in unsere Sünde und Ungerechtigkeit gekleidet wurde. Alles, was wir jemals falsch gemacht haben, wurde auf ihn geladen. All unser unsittliches Begehren und Verhalten wurde auf ihn geladen.

Weil er unsere Sünden genommen, die Strafe dafür getragen hat und weil er triumphierend aus dem Grab auferstanden ist, können wir unser Vertrauen auf ihn setzen. Wenn wir das tun, kleidet er uns in seine Gerechtigkeit. Er streift uns unsere Sünden ab und kleidet uns in seine Güte.

Wenn du ein Christ bist, dann bist du mit dem Evangelium bekleidet, bevor du irgendetwas anderes trägst. Du trägst nicht Tommy Hilfiger, oder Calvin Klein, oder welche Marke du auch immer am liebsten magst. Nicht primär. Du trägst Jesus Christus. Das bedeutet, dass jeder Kleiderartikel, der deinen Körper berührt, auf bestimmte Art und Weise mit dem Evangelium verbunden ist.

Als Christ hast du das Privileg und die Berufung, die Kraft und die Realität des Evangeliums in deinem Leben zu bezeugen. Mit deiner Kleidung kannst du das machen, du kannst es aber auch damit verhindern. Du kannst dich so kleiden, dass die Leute nichts von Jesus und alles von dir sehen. Sie sehen vielleicht deinen Körper und deinen Style, aber verpassen komplett Jesus. Oder du kannst dich so kleiden, dass die Kleidung deiner Botschaft entspricht, dass Leute Christus in dir sehen.

Wenn du also bei Amazon nach einem neuen Hemd suchst, wenn du die Kleiderhaufen durchwühlst, selbst wenn du darüber nachdenkst, wie du dich kleiden solltest, muss dein erster Gedanke das Evangelium sein. Wird diese Kleidung der Botschaft widersprechen, weil es die Leute dazu bringen wird, mich zu bemerken? Oder wird sie meine Botschaft bestätigen und es mir ermöglichen, Aufmerksamkeit auf Christus zu lenken? Sei vorsichtig hier! Du kannst genauso durch ultra-sittsame Kleidung Aufmerksamkeit auf dich ziehen, wie durch ultra-unsittliche. Und eine Überbetonung von Sittsamkeit kann tatsächlich unsittlich sein.

Und hier ist unsere Herausforderung: Sittsame Männer und sittsame Frauen zu sein, gekleidet im Evangelium Christi, die nichts tun und nichts tragen werden, was von dieser wunderbaren Botschaft ablenkt.

2 Antworten auf „Sittsamkeit ist wichtig: was nicht anzuziehen ist“

Vielen Dank für die Übersetzung Harry:-)
Endlich mal ein guter biblischer Beitrag, zu diesem häufig so umstrittenen Thema!!
Er vermittelt, wie ich finde gut, dass Sittsamkeit nicht etwas Negatives und Belastetendes ist, sondern eigentlich etwas Herrliches, was dem Evangelium dienen kann und soll.

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