Im letzten Beitrag habe ich das Thema Fantasy-Literatur angeschnitten und auf einen Artikel verwiesen, der deutlich auf der Seite der Befürworter einzuordnen ist. Eduard Klassen hat passend dazu in einem Beitrag über die Pilgerreise von John Bunyan eine hilfreiche Anmerkung gemacht. Er macht dabei den Unterschied zwischen Fantasy und Allegorie deutlich und übt dann m.E. berechtigte Kritik an Fantasy-Literatur:
„Ich bin mir bewusst, dass die Pilgerreise fantastische Elemente enthält. Und doch unterscheidet sich die Pilgerreise ganz stark von der (christlichen) Fantasy-Literatur, wie sie in den letzten Jahren verstärkt an Beliebtheit gewinnt. Mir ist auch klar, dass es keine allgemeingültige Definition von Fantasy gibt. Und doch möchte ich behaupten, dass die Pilgerreise nicht Fantasy ist. Ich möchte hier nur auf einen sehr deutlichen Unterschied eingehen. Die Verwendung von Allegorie intendiert immer eine eindeutige Interpretation und Anwendbarkeit der Geschichte. Fantastische Literatur möchte genau diese Eindeutigkeit umgehen. Tolkien beispielsweise distanzierte sich bewusst von der allegorischen Interpretation von Herr der Ringe (siehe sein Vorwort zur revidierten Ausgabe von 1966). Auch Lewis wollte bei Narnia keine eindeutige Interpretation dem Leser mit auf den Weg geben. Im Gegensatz dazu beabsichtigte Bunyan explizit eine eindeutige Interpretation der Pilgerreise mithilfe der Bibel. Hinzu kommt, dass die fantastischen Elemente in der Pilgerreise einen deutlich kleineren Anteil einnehmen als die realistischen und lediglich Mittel zu einem bestimmten Zweck sind. Die Pilgerreise führt uns auf allen Seiten zur Bibel hin und ist somit auf das Evangelium fokussiert, während viele neuzeitliche Fantasy-Romane pluralistisch ausgerichtet sind und diverse Interpretationen zulassen. Und wenn sie christliche Motive enthalten, findet man darin zusätzlich esoterische oder gar okkulte Elemente. Die Pilgerreise ist frei davon und deswegen empfehlenswert.“
Deshalb noch einmal: Auch wenn Fantasy-Literatur nicht automatisch „vom Bösen“ ist und ich den Reiz von fantastischen Welten absolut nachvollziehen kann – die Gefahr, durch eine „spielerische“ Beschäftigung mit okkulten Elementen auch den Zugang zumindest zu vereinfachen, sollte m.E. nicht übersehen werden.
Vielen Dank, Waldemar!