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Bibel & Theologie

„Und der Herr rief…“ – das 3. Buch Mose

„Und er rief“ ist der hebräische Titel und gleichzeitig der Beginn des dritten Buches von Mose. Es stellt gewissermaßen ein Zäsur in der Erzählung von Gottes Heilshandeln mit dem Volk Israel dar. Damit meine ich, dass der Narrativ unterbrochen wird, nämlich von einer Rede oder Unterweisung Gottes. Es ist also nicht im Erzählstil (wie z.B. 2. Mose) geschrieben, sondern es wird größtenteils die Rede Gottes Mose gegenüber wiedergegeben (immer wieder findet man die Aussage: „Und der Herr redete mit Mose: …“).

Da ich zurzeit in meiner Bibellese bei 3. Mose angelangt bin, habe ich versucht, mir zunächst einen Überblick über das Buch zu verschaffen, um es besser einordnen und mit größerem Interesse lesen zu können. Ich kann mich nämlich gut an die Zeit erinnern, in der ich als 16-Jähriger die ganze Bibel durchlesen wollte und bei 3. Mose am Liebsten aufgegeben hätte. 

Hier nun also ein paar Gedanken zu Botschaft und Aufbau des Buches, welches ursprünglich die Leviten betraf und deshalb auch Leviticus genannt wird.

Historische Einordnung

Gott hatte durch Mose sein Volk aus Ägypten befreit und mit dem Volk am Sinai einen Bund gestiftet. Dieser Bund beinhaltete rechtliche Bestimmungen (die Zehn Gebote und andere Gebote), worauf das ganze Volk einstimmig erklärte, alle Gebote halten zu wollen (2Mo 24,3). Daraufhin gab Gott Anweisungen, dass man ihm ein Heiligtum bauen sollte, weil er unter ihnen wohnen wollte (K. 25,8). Er gab detaillierte und umfassende Anweisungen, wie alles auszuführen sei. Diese Anweisungen wurden von den Israeliten genau erfüllt (K. 39,32). Das Kapitel 40 endet bemerkenswert: als das Heiligtum aufgebaut war und die Herrlichkeit Gottes sich auf dem Zelt Gottes niedergelassen hatte, konnte Mose nicht in das Zelt hineingehen (Vers 35). Um dem heiligen Gott zu begegnen, muss erst die Schuld gesühnt werden. Das Volk Israel und auch Mose hatten die Opfer nötig. 

Genau hier setzt nun das 3. Buch Mose an – während 2. Mose beschreibt, wo Gott anzubeten ist, zeigt 3. Mose auf, wie dies geschehen kann, wie man auf rechte Weise Opfer bringt. 

Aufbau

Im ersten Teil geht es eher um den Gottesdienst der Opfer und die Priesterschaft:

  • Fünf Arten von Opfer 1,1 – 6,7
  • Opfervorschriften für die Priester 6,8 – 7,38
  • Der Priesterdienst 8,1 – 10,20
  • Reinheit und Unreinheit 11,1 – 16,34

Im zweiten Teil geht es auch um Heiligkeitsgesetze, die sehr viel praktischere und alltäglichere Dinge betreffen:

  • Umgang mit Blut K. 17
  • Verbotene sexuelle Beziehungen K. 18
  • Heiligung im täglichen Leben K. 19
  • Strafen für Vergehen K. 20
  • Vorschriften für Priester K. 21-22
  • Feste K. 23
  • Umgang mit Öl, Brot 24,1-9
  • Gotteslästerung, Totschlag und Körperverletzung  24,10-23
  • Sabbat- und Jubeljahr K. 25
  • Segen und Fluch K. 26
  • Gelübde und Weihgaben K. 27

Dass es sowohl genaue Anweisungen für den Opfer-Gottesdienst wie auch für das gesamte Leben gibt, zeigt, dass das Volk Gottes keine Trennung zwischen einem heiligen Leben und einem unheiligen Leben kennt, keine Trennung zwischen geistlich und ungeistlich.

Immer wieder wird die Heiligkeit Gottes, als Begründung für eine Anweisung, genannt. Und zwar auch bei Anweisungen zum zwischenmenschlichen Leben. 

Das ganze Leben gilt es heilig zu leben, weil Gott heilig ist. In seiner Vogelflugpredigt zu 3. Mose erwähnt Hanniel den Hinweis von Thomas Schreiner, dass in 3. Mose 60 mal der Ausdruck „vor dem Herrn“ vorkommt. Sowohl die Opfer, als auch das alltägliche soll also vor dem Herrn, im Bewusstsein seiner Heiligkeit, gelebt werden. 

Ich persönlich neige dazu, die beschriebene Trennung mehr oder wenig unbewusst zu vollziehen und kenne es auch aus meinem Umfeld so ähnlich (geistlich = Gemeindeleben und „Stille Zeit“ und auf der anderen Seite ungeistlich = Arbeit und Alltag). Doch 3. Mose ermutigt mich dazu, mein ganzes Leben (meinen Alltag im größtenteils säkularen Umfeld) vor Gott (coram deo) zu leben.

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