Der gestrige sowie der folgende Beitrag stammen von Viktor und gehen auf die Spannung zwischen Gottes Souveränität und der menschlichen Verantwortung ein. Morgen erscheint eine Buchempfehlung zu dem Thema von Helmut. Zum weiteren Nachdenken über diese wichtige Frage, um auf keiner Seite vom Pferd zu fallen und Menschen in falsche (Un-)Sicherheit zu bringen, empfehle ich alle Beiträge in diesem Blog unter der Kategorie „Gottes Souveränität und menschliche Verantwortung“.
Siegfried Kettling schreibt über die Spannung zwischen unserer Verantwortung und Gottes Wirken in Bezug auf Philliper 2, 12 und 13:
„Schaffet eure Seligkeit (Errettung) mit Furcht und Zittern! (A) – denn Gott ist´s, der in uns wirkt beides, das Wollen und Vollbringen nach seinem Wohlgefallen (B).“ Alle logischen und theologischen Probleme fallen da über uns her. Hilflos sind zunächst unsere Orientierungsversuche: Gilt A (der Imperativ), dann sind wir (so scheint es) „gnadenlos“ auf uns selbst geworfen. Wir sollen unser eigenes Heil produzieren, während Gott in Pension scheint. Selbstbefreiung, -rettung, -erlösung ist gefordert. […] Gilt dagegen B (der Indikativ), so schafft Gott Alles allein (Wollen wie Vollbringen). Wir sind dann nicht nur völlig ausgeschaltet, nicht nur pensioniert, sondern zu bloßen Objekten, zu willenlosen Marionetten degradiert. Oder sollen wir versuchen, A und B nach einem Kooperationsmodell zusammenzureimen, etwa als eine Art „Mischfinanzierung“: Gott tut „fast alles“, er bringt die Hauptmasse ein, aber ein wenig „Eigenbeteiligung“ unserseits (1 Prozent?) ist doch erforderlich? Wir merken sofort: All diese Lösungsversuche scheitern an dem mächtigen „Denn“, das Imperativ und Indikativ wie ein Scharnier verbindet. Also: Weil Gott ganz und gar alles tut, darum sind wir ganz und gar gefordert. […] Hier geht es um Gottes (des Schöpfers und Neuschöpfers) Wirken. Und diese göttliche Wirken lässt sich zu unserem eben nicht alternativ verstehen (Er oder wir), auch nicht additiv (Er und wir: 99 Prozent zu 1 Prozent), sonder „dimensional“. Die „Dimension“ des göttlichen Handelns umschließt, umgreift, durchdringt und durchtränkt, ja trägt und ermöglicht unser Wirken. Gott handelt nicht so, dass er sein Geschöpf annulliert, sondern wie er uns den Willen schuf, so beginnt er, unsern Willen durch seinen Geist von innen her zu bestimmen: Das erste Frage, Sehnen, Rufen nach ihm, – er schafft´s (das Wollen). Und jeden Schritt, jeden Griff bis zum gelungenen Werk des Gehorsams, – er schafft´s (das Vollbringen). Gerade indem er alles in uns tut, macht er unser Innerstes ganz aktiv. Sein Wirken schaltet uns nicht aus, sein Geist schaltet vielmehr unser Denken und Fühlen, Wollen und Tun ganz ein, bestimmt unser Bewusstsein wie die Tiefen des Unbewussten. Sein göttlich-schöpferisches Schaffen schenkt seinen Kindern das geschöpflich-dankbare Nach-schaffen, Nach-vollziehen (was Mühe und Arbeit, Furcht und Zittern nicht ausschließt). Das gilt für das Verständnis der Inspiration der Heiligen Schrift wie für alle Arbeit in der Heiligung!
aus: Siegfried Kettling: Typisch evangelisch, S. 37 ff.
2 Antworten auf „Achtung, Hochspannung!“
Ich glaube, den Kettling muss ich mir auch leisten. Er bringt es auf den Punkt!
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