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Bibel & Theologie

Gedanken „ex nihilo“ (4): Licht und neues Leben für Sünder

Gustave Doré, The Creation of Light (Bildquelle: Wikipedia)

Meine letzten Beiträge, in denen ich über den ex nihilo-Topos in der Bibel nachgedacht habe, waren eher abstrakter und philosophischer Natur. Es ging darum, welche Implikationen die biblische Lehre von Gottes Erschaffen der Welt ex nihilo für unser Gottesbild hat und wie genau dieselbe ex nihilo-Logik, die am Anfang der Zeiten aus dem „Nichts“ ein „Etwas“ werden ließ, auch in der Inkarnation und Auferstehung Christi zum Tragen kommt. Die Ausführungen der letzten Beiträge können (was ich hoffe) apologetisch wertvoll sein.

Ich möchte hier aber auch behaupten, dass die biblische Lehre der (Neu)Schöpfung aus dem Nichts jeden Gläubigen ganz persönlich betrifft (was gestern schon angeklungen ist). Die philosophische Frage, auf die die Lehre der Schöpfung ex nihilo eine Antwort bietet, lautet: Warum gibt es etwas und nicht nichts? Die theologische Frage, auf die die Lehre der Schöpfung ex nihilo eine Antwortet bietet, lautet: Warum habe ich geistliches Leben und nicht nichts?

Paulus gibt in 2. Kor. 4,6 eine unglaubliche Antwort:

Denn Gott, der dem Licht gebot, aus der Finsternis hervorzuleuchten, er hat es auch in unseren Herzen licht werden lassen, damit wir erleuchtet werden mit der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi.

Warum bist du geistlich lebendig und nicht tot? Warum gibt es in dir geistliches Leben und nicht nichts? Weil Gott in deinem Leben genau das getan hat, was er schon am Anfang der Zeiten bei der Erschaffung des Universums und dann auch in der Inkarnation und Auferweckung Christi vollbracht hat: Er hat Leben aus dem Nichts erschaffen! Der geistlich tote Sünder bietet Gott kein Material, mit dem Gott arbeiten kann; der Tod birgt in sich kein Potential zum Leben. Zwischen dem toten und dem lebendigen Christus, hat Bonhoeffer gesagt, befindet sich nichts als Gottes schöpferische Freiheit, die aus dem Nichts Leben schafft. Auch zwischen dem geistlich toten und dem geistlich erweckten Menschen befindet sich nichts als Gottes schöpferische Freiheit, die aus dem Nicht Leben schafft.

Im Epheser 1,19-20 macht Paulus denselben Punkt: Er spricht von der

überwältigende[n] Größe seiner Kraftwirkung an uns […], die wir glauben, gemäß der Wirksamkeit der Macht seiner Stärke. Die [Kraft, die in uns wirkt] hat er wirksam werden lassen in dem Christus, als er ihn aus den Toten auferweckte.

Die biblische Lehre von Gottes Schöpfung ex nihilo sollte uns ermutigen: Wie Gott am Anfang der Zeiten dem Licht gebot aus der Finsternis hervorzuleuchten, wie Gott aus dem Nichts das Universum ins Dasein gerufen hat und beständig erhält – genauso hat er auch uns lebendig gemacht, hat es in unseren Herzen licht werden lassen, und genauso kann er auch andere Sünder zum Leben erwecken, bei denen wir vielleicht schon die Hoffnung aufgegeben haben. Das sollten wir nicht tun, unser toter Zustand war nicht weniger hoffnungslos. Und doch hat Gott geschaffen – aus dem Nichts.

PS: Ich habe vor einigen Monaten schon einmal auf Doug Wilsons Predigt über 2. Kor. 4,6-7 hingewiesen, was ich an dieser Stelle gerne noch einmal tue.

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