Als David Powlison, der „größte Denker der ‚Biblische Seelsorge‘-Bewegung“ (Ron Kubsch), Anfang Juni starb, habe ich einige Nachrufe auf ihn gelesen. Bemerkenswert fand ich den Hinweis, den Powlison Ray Ortlund gab, als er sich in einer tiefen Krise befand. Er berichtet:
Ich kann mich nicht an seine genauen Worte erinnern. Aber sie lauteten ungefähr so: „Ray und Jani, ihr leidet. Und es wird nicht allzu schnell besser werden. Hier ist mein Rat: Bitte den Herrn um einen Vers der Schrift, eine Verheißung in der Bibel, damit er dir hilft, durch diese Zeit zu kommen. Und wenn dieser Vers aus der Bibel in dein Herz springt, dann mach ihn zum Thema deines Lebens, während du dich vorwärts kämpfst. Wie dunkel der Himmel über dir auch sein mag, du kannst immer auf dieses Versprechen blicken, so wie auf den Nordstern. So kannst du dich wieder orientieren und weitergehen. Fülle jeden Zentimeter deines Lebens mit diesem Wort Gottes.“
Ich bin absolut kein Freund von subjektiver Bibelauslegung. Man pickt sich einen Bibelvers völlig willkürlich heraus, blendet den Kontext aus und wendet ihn auf die eigene Situation an, meistens um seinen eigenen Weg zu bestätigen. Aber es gibt einen Unterschied zwischen diesem Ansatz und dem Rat von Powlison. Powlison empfiehlt nicht, dass wir die eigentliche Aussage verdrehen und den Vers zurechtstutzen, sodass er irgendwie in unsere Situation spricht. Er empfiehlt stattdessen, dass wir den Vers auf uns anwenden, uns an der in diesem Vers vermittelten Wahrheit festklammern und unser ganzes Leben und Denken mit dieser Wahrheit füllen. Ortlund berichtet, wie sie das erlebten:
Wir baten den Herrn, uns eine ganz persönliche Ermutigung aus der Bibel zu geben. Und das tat er. Jani las kurz darauf 1. Petrus 5. Vers 10 war ein direkter Treffer – und zwar auf die beste Weise: „Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus, der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen.“ An diesem Vers haben wir uns festgeklammert.
Wir lernten den Vers auswendig, sprachen darüber und beteten darüber. Jani schrieb ihn auf kleine Karten auf und klebte sie an die Innenseite der Küchenschränke, so dass jedes Mal, wenn sie ein Glas oder einen Teller holte, 1. Petrus 5,10 vor ihr stand. Ich schrieb ihn auf und klebte ihn auf die Frontscheibe des Autos, so dass ich bei einer roten Ampel nach oben schauen und durch 1. Petrus 5,10 gestärkt werden konnte. Wir ließen diesen Vers nie aus den Augen. Und auf eine Art, die wir uns nicht hätten ausdenken können, hat Gott seine Verheißung erfüllt. Immer, wenn Jani und ich eine Erneuerung, Bestätigung, Stärkung oder Barmherzigkeit erfahren, schauen wir uns an und sagen: „1. Petrus 5,10“! Tatsächlich, wir haben es erst gestern getan. Dieses Wort half uns nicht nur, die Krise durchzustehen. Es hat uns geprägt, wie wir das Leben wahrnehmen. Ja, es hat mich letztlich im Dienst gehalten.
Gott ist ein persönlicher Gott. Du darfst ihn um eine persönliche Ermutigung durch sein Wort bitten. Du darfst ihn bitten, dass er dir eine Wahrheit zeigt, an der du dich festhalten kannst. Wie großartig!