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Geschichte & Menschen

Ist die Weltgeschichte böse?

Als Adolf Hitler im Zuge der Machtübernahme im Deutschen Reich auch die Kirche gleichzuschalten ersuchte, bildeten sich schnell zwei Lager: Die ideologisch nahen „Deutschen Christen“ und die (zumindest in Teilen) oppositionelle „Bekennende Kirche“. Ein führender Kopf der Bekenntnisbewegung war Karl Barth. Er lehnte das Erklärungsmodell der „Deutschen Christen“ ab, Gott würde sich durch die Geschichte offenbaren. Sein Credo lautete, dass Gott sich schon längst in Jesus offenbart habe. Verständlich daher, dass sein Fazit bezüglich Meta- und Individualgeschichte nicht besonders positiv ausfällt:

Das Urteil, dass alle gesündigt haben, beinhaltet sicherlich ein Urteil über das, was menschliche Geschichte getrennt von dem Willen, Wort und Werk Gottes ist… und eine Kenntnis der Sünde und Schuld des Menschen im Licht des Gnadenwortes Gottes beinhaltet auch ein Wissen, dass diese Geschichte im Stolz des Menschen begründet ist und von diesem bestimmt wird… Die Geschichte der Welt,die Gott in Jesus Christus und im Hinblick auf ihn schuf, kann nicht aufhören, in ihm ihr Ziel und ihren Mittelpunkt zu haben. Aber angesichts dieses Ziels und Mittelpunkts kann Gott zu ihrer Korruption nicht Ja, sondern nur Nein sagen… Was ist das offensichtlich hervorstehende Merkmal der Weltgeschichte?… (Es) ist die alles erobernde Monotonie – die Monotonie des Stolzes, in der der Mensch zu seines eigenen und seines Nächsten Schaden gelebt hat, von der Urzeit durch Ebbe und Flut seines späteren Fort- und Rückschritts sowohl im allgemeinen als auch im einzelnen, der Stolz, in dem er immer noch lebt… und ganz bestimmt auch bis zum Ende der Zeiten leben wird… Die Gschichte… inszeniert die kleine Szene aus den Garten von Eden ständig aufs Neue.

Ist das aber wirklich so? Ist die Geschichte aus Gottes Perspektive wirklich nur der Ausdruck des Sündenfalls? John Warwick Montgomery verneint:

Es ist sicher, dass die „alles erobernde Monotomie“ weder von den biblischen Autoren noch von den protestantischen Reformatoren als „hervorstehendes Merkmal der Weltgeschichte“ empfunden wurde. Die Einstellung zur Geschichte, die wir in der Bibel und in den Schriften der Reformatoren finden, ist keineswegs negativ, sondern im höchsten Maße positiv, da sie auf der zentralen Überzeugung basiert, dass die gesamte menschliche Geschichte in den Händen Gottes liegt, Überall in den biblischen Offenbarungen begegnet uns die tiefe Überzeugung:“Die Erde ist des Herrn und was drinnen ist, der Erdkreis und die darauf wohnen“ (Psalm 24, 1). Die Geschichte hat deshalb einen Sinn, weil die souveräne Macht Gottes hinter ihr steht.

gefunden in: Montgomery, John Warwick, Hat die Weltgeschichte einen Sinn? Geschichtsphilosophien auf dem Prüfstand, Bonn 2003, S. 80-81.

5 Antworten auf „Ist die Weltgeschichte böse?“

Montgomery sagt: „Die Geschichte hat deshalb einen Sinn, weil die souveräne Macht Gottes hinter ihr steht“. Da würde ich auch zustimmen.
Aber Barth steht doch auch richtig, wenn er sagt, dass Gott sich in Christus offenbart (hat) (und nicht durch die Geschichte)! Oder verstehe ich hier etwas nicht?

Die grundsätzliche Haltung der BK (und von Barth) ist sicher richtig. Allerdings schießt Barth in seiner Konsequenz über das Ziel hinaus; das Kind wird mit dem Bade ausgeschüttet. Die Geschichte ist eben nicht „nur“ negativ, sondern auch Teil des Handelns Gottes.

„das Kind wird mit dem Bade ausgeschüttet“ woher hast du denn diesen Ausdruck 😉 ?
Aber ich glaube ich habe verstanden! Gott steht souverän hinter der Geschichte und handelt da auch (ich denke die Entstehung des Staates Israel ist da ein gutes Beispiel u auch irgendwo Offenbarung Gottes). Barhts Punkt ist, dass die Geschichte nur Ausdruck der menschlichen Sündhaftigkeit ist – sie ist aber halt mehr! Richtig?

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