Nachdem Baxter zuerst von der Beschaffenheit der Aufsicht, die ein Bischof üben soll, gesprochen hat, geht er nun in 15 kompakten Punkten darauf ein, wie die Aufsicht durchgeführt werden soll. Von den 15 Punkten, von denen keiner an Aktualität verloren hat und jeder sehr wichtig ist, möchte ich die für mich wichtigsten kurz wiedergeben.
Als ersten Punkt nennt Baxter die Motivation.
1. Das Predigtamt muss allein um Gottes Willen zur Errettung von Menschenseelen ausgeführt werden und nicht um unsertwillen zu selbstsüchtigen Zwecken. Ein schlechter Zweck macht jede Tat schlecht, so gut sie an sich selbst auch sein mag. […] Selbstverleugnung ist für jeden Christen unumgänglich, aber für einen Prediger doppelt notwendig, denn ohne sie kann er Gott nicht eine Stunde lang treu dienen.
Ein anderer Punkt betrifft die Verkündigung.
4. In unserem ganzen Predigtamt müssen wir vornehmlich immer die Haupt- und Grundwahrheiten vortragen und seltener die anderen. Wenn wir nur Christus unseren Gemeinden verkündigen, dann verkündigen wir ihnen alles. Wohnt er in ihnen und sind sie durch ihn in das himmlische Wesen versetzt, so haben sie Weisheit und Erkenntnis genug. Die großen, allgemein anerkannten Wahrheiten des Evangeliums sind es ja, durch welche der Mensch neues Leben erhält, die Herrschaft der Sünde in ihm vernichtet und er in Gottes Reich versetzt wird.
In den Predigten müsse immer geschaut werden, was die Zuhörer am meisten bedürfen. Und auch, wenn es dann oft das gleiche ist, was gesagt wird, so ist doch dann gerade das Notwendige und- wie der alte Kriegsmann Xenophon einmal sagte- gibt es „keinen besseren Lehrer als die Notwendigkeit, welche der gründlichste Lehrer ist“.
Was die Durchführung betrifft so sagt Baxter folgendes:
6. Das Predigtamt muss in großer Demut geführt werden. Auch den Kleinsten müssen wir uns sanftmütig und freundlich zuwenden; und immer so lehren, dass wir von jedem zu lernen bereit sind und daher immer lehren und lernen zugleich;
Gott hatte einen stolzen Engel aus dem Himmel gestoßen – kein stolzer Prediger sollte erwarten, von eben diesem Gott in den Himmel aufgenommen zu werden. Stolz ist die Quelle aller Sünden der Neid produziert, der Streit und Zank unter den Geistlichen und Theologen hervorruft.
[…] daher kommen alle Hemmnisse, die sich den Verbesserungen des kirchlichen Zustandes in den Weg stellen; alle möchten gern Anführer sein keiner sich anschließen oder folgen. Darum stehen so viele Prediger still, weil sie zu stolz sind, um zu lernen. Demut würde sie etwas anderes lehren.
Prediger sind zudem oft Anfeindungen von Sündern (und leider auch Mitchristen) ausgesetzt, weil sie ihnen die Wahrheit sagen müssen – dort sanftmütig zu bleiben ist für einen stolzen Prediger schier unmöglich.
9. Unser ganzes Amt muss in zärtlicher Liebe zu unserer Gemeinde ausgeführt werden. […] Wir müssen ihnen gegenüber so gesinnt sein, wie ein Vater gegen seine Kinder; ja die zärtlichste Mutterliebe muss unser Vorbild sein. […] Sie müssen sehen können, dass für uns nicht Reichtum, nicht Ehre, nicht Bequemlichkeit und Wohlstand, ja nicht das Leben selbst in Vergleich zu setzen ist mit ihrem Heil; dass wir, wie Mose, gern unsere Namen auslöschen ließen aus dem Buch des Lebens, d.h. ehe wir ihre Namen möchten fehlen lassen in dem Buche des Lammes.
Einem Menschen, der einen wirklich liebt, folgt man gerne und man lässt sich auch eher etwas von ihm sagen. Wichtig ist aber, dass die Liebe, die man der Gemeinde entgegenbringt, 1) keine fleische Liebe ist, die für sich und nicht für Christus wirbt und 2) eine wahre und somit heilige Liebe ist, die Sünde nicht übersieht, denn zur Liebe gehören auch Schärfe und Strenge (Hebr. 12, 6). Augustinus sagt dazu: „Es ist besser mit einer gewissen Strenge zu lieben, als durch eine zu große Milde zu verführen“.
11. Alles, was wir tun, muss in heiliger Ehrerbietung geschehen, als vor dem Angesicht Gottes und nie dürfen wir seine heiligen Angelegenheiten leichtfertig und wie Dinge dieses zeitlichen Lebens behandeln.
Eine solche Ehrerbietung sei die Folge von einem Herzen das viel mit Gott im Umgang steht und sich der beständigen Abhängigkeit von Gott bewusst ist. Wer dagegen die göttlichen Dinge ohne Ehrfurcht behandelt, zeigt damit dass Herz und Zunge bei ihm nicht übereinstimmen und er somit nichts anderes als ein Heuchler ist. Hieronymus sagt folgendes zum Predigen: „Die Lehre von deiner Kanzel sollte die Zuhörer nicht zum Applaudieren bringen, sondern ihr Stöhnen hervorrufen; ihre Tränen sind dein Lob.“
13. Wenn ihr Gedeihen in eurem Amt sehen wollt, so habt immer eine innige Sehnsucht und eine lebendige Hoffnung, segensreiche Wirkungen eurer Tätigkeiten zu sehen. Sind eure Herzen nicht immer auf das Ziel eurer Arbeit gerichtet und verlangt euch nicht danach, die Bekehrung und das Wachstum eurer Zuhörer zu sehen und wirkt und predigt ihr nicht immer in Hoffnung, so werdet ihr nicht viel Segen erhalten. […] Nein, alle die Christus verkündigen und predigen, damit Menschen selig werden, dürfen auch keine Ruhe haben, ehe sie nicht zu dem Ziel ihrer Predigt gelangt sind.
Baxter nimmt zwei anschauliche Vergleiche vor: Einem Arzt reicht es ja auch nicht, seinen Patienten immer nur Medikamente zu verschreiben – er will das der Kranke schnell gesund wird; ein redlicher und geschickter Schulmeister will nicht nur immerfort unterrichten, ohne dass er Fortschritte bei seinen Schülern wahrnimmt. Beide wären ansonsten in ihrem Beruf viel mehr eine Last – wie viel weitreichender und tragischer ist solche Einstellung bei einem Prediger!
Der letzte Punkt den ich anführen möchte unterstreicht die Wichtigkeit des Gebets für das Predigtamt. Da es ein sehr ermutigender und schöner Punkt ist wie ich finde, möchte ich ihn ganz wiedergeben.
14. Wir müssen unser Amt in einem tiefen Gefühl unserer eigenen Untüchtigkeit und unserer gänzlichen Abhängigkeit von Christus führen. Licht, Leben und Kraft müssen wir immerdar bei dem suchen, der uns in seine Ernte gesandt hat. Finden wir unseren Glauben zu schwach und unser Herz träge und stumpf und untüchtig für unser großes, heiliges Werk: so sollen wir zu ihm gehen und sprechen: „Herr, willst du mich denn aussenden mit solch einem Herzen voll Unglauben, um andere zum Glauben zu erwecken? Soll ich denn täglich den armen Sündern das ewige Leben und den ewigen Tod vor die Augen stellen und ich selbst werde davon so wenig berührt? O sende mich doch nicht so nackt und bloß und unversorgt zu deiner Arbeit; wie du sie mir befohlen hast, so rüste du mich auch mit dem Geist aus, dessen ich dazu bedarf. Das Gebet ist ebenso wichtig für unser Werk wie die Predigt; wer nicht inbrünstig betet für seine Gemeinde, der predigt auch nicht von herzen zu ihr. Erlangen wir es nicht von Gott im Gebet, dass er ihnen Buße und Glauben schenkt, so werden wir es von ihnen auch nie erlangen, dass sie Buße tun und glauben.