Die „5 Sprachen der Liebe“ ist ein 1992 (zunächst auf Englisch) erschienenes Buch von Gary Chapman, welches den christlichen Büchermarkt und den Bereich der Paarseelsorge schnell eroberte. Der Grundgedanke des Buches ist, dass jeder Mensch eine bestimmte Sprache spricht, um Liebe zu teilen Die Sprachen werden unterschieden in Lob und Anerkennung, Zeit zu zweit, Geschenke, Hilfsbereitschaft und Zärtlichkeit. Wenn nun in einer Ehe beide Partner unterschiedliche Sprachen sprechen, weil sie aus verschiedenen Hintergründen stammen, kann dies zu Konflikten führen, weil beide oder auch nur einer der Partner sich nicht verstanden etc. fühlen. Der Schlüssel liegt nun darin, die Sprache des anderen zu kennen und dadurch ganz konkret auf die „Sprache“ des Partners eingehen zu können.
Auch wenn dieses Konzept viele hilfreiche Anstöße liefern kann, sollte man einige Dinge bedenken und durchaus kritisch hinterfragen. In der Vergangenheit hat sich David Powlison am bemerkenswertesten mit dem Buch auseinandergesetzt. Die folgenden Aspekte entstammen seinen Gedankengängen und sind u.a. bei Tim Challies (hier und hier) nachzulesen:
- Wenn wir bestimmte Bedürfnisse in uns tragen, heißt das nicht, dass sie legitim wären. Es besteht immer die Gefahr, die eigenen Wünsche zum Götzen zu erheben. Und wenn wir den biblischen Befund ernst nehmen, müssen wir festhalten, dass wir unseren Sehnsüchten (stärker: Begierden) nicht trauen können. Sie können nicht der Maßstab sein.
- Es besteht die Gefahr, eine Beziehung als Modell zu verstehen, etwas zu geben, um dafür eine Gegenleistung zu erhalten: „Wenn du meine Sprache sprichst, kannst du auch erwarten, dass ich deine Sprache spreche“. Das muss nicht zwingend so sein, kann aber manchmal (und seien wir uns gegenüber ehrlich) zu Manipulation führen. Letztendlich ist das kein Bild von biblischer selbstloser Liebe; wir „füttern“ die Bedürfnisse des anderen, nur um unsere eigenen stillen zu können.
- Die größte jemals erwiesene Liebe, nämlich der Tod Jesu am Kreuz, sprach nicht die Sprache der Menschen. Niemand von uns wollte auf seine Sünden hingewiesen werden; unsere Bedürfnisse gingen doch geradewegs in die andere Richtung. Aber Jesus tat das, was wir wirklich brauchten, nicht dass, was wir meinten zu benötigen. In dieser Hinsicht sprach Jesus nicht unsere Sprache!
Challies geht in seiner Besprechung des Buches darauf ein, dass seine Ehefrau und er die Begrifflichkeiten der „love languages“ in ihren seelsorgerlichen Tätigkeiten immer wieder verwenden und auf das dahinter stehende Modell verweisen. Wir sind nun mal unterschiedliche Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen und Bedürfnissen, die es zu berücksichtigen gilt. In diesem Sinne sollten wir damit umgehen: Die Sprachen der Liebe sind hilfreich, wenn man ihren Kontext kennt und sie unter Beachtung der Analyse von Powlison verwendet. Und wie Challies richtig erkennt – Letztendlich geht es nicht darum, dass mein Partner unbedingt lernen müsste, meine Sprache zu kennen. Viel wichtiger ist doch zu sehen, dass mein Partner überhaupt eine Sprache spricht und damit seine Liebe zum Ausdruck bringt. Selbst wenn es mir eigentlich nichts bedeutet (weil es nicht meine „Sprache“ ist), sollte es wertvoll sein, weil der Partner so seine Liebe zeigt. Diese Tatsache sollte bei Unzufriedenheit und Frustration über verschiedene Sprachen in der Beziehung bedacht werden. Es ist eine gute Basis, um auf Grundlage des Evangeliums Schritte in der Ehe zu gehen.
Eine Antwort auf „Die Sprachen der Liebe“
Danke für eine kritische Auseinandersetzung mit diesem Werk, was in unseren russlanddeutschen Kreisen zu viel Anerkennung bekommt!