Der Theologe und Historiker Benjamin Hasselhorn hat kützlich im Tagesspiegel das „Ernsthaftigkeitsdefizit“, das er in der Evangelischen Kirche ausmacht, kritisiert. Er beklagt, dass gerade jungen Leute heute eher Steine als Brot angeboten werden:
In der Bergpredigt fragt Jesus rhetorisch: „Oder ist ein Mensch unter euch, der seinem Sohn, wenn er ihn bittet um Brot, einen Stein biete?“ Jesus erklärt damit seine Behauptung, dass der himmlische Vater denen alles Gute geben wird, die ihn darum bitten – denn selbst der herzloseste Mensch gebe seinen Kindern das, worum die bäten. Ich fürchte allerdings, die Erfahrung meiner Generation ist eine andere. Allzu oft hatte ich den Eindruck, dass ich meine Lehrer, Erzieher, Pfarrer um Brot bat und stattdessen Steine bekam. Es gibt durchaus Heranwachsende, die mit lauter ernsthaften Fragen in den Konfirmandenunterricht kommen. Wenn die nicht beantwortet werden, sondern das Programm stattdessen im Wesentlichen aus Kekse backen, Mandalas ausmalen und Beatles-Lieder singen besteht und das höchste der religiösen Gefühle Stuhlkreis und „Herr deine Liebe“ zur Gitarre ist, dann hat man Steine bekommen, wo man Brot gebraucht hätte.
Das sieht Hasselhorn z.B. in der Unernsthaftigkeit im Bekenntnis:
Nach wie vor wird in jedem Gottesdienst das Apostolische Glaubensbekenntnis gesprochen, doch hinterher erklärt einem der Pfarrer unter vier Augen, dass er selbstverständlich nicht an die Jungfrauengeburt glaube, und dass Auferstehung auch eher heiße, dass die Sache Jesu weitergehe, als dass tatsächlich ein Mensch tot war und wieder lebendig wurde. Ist dann das gemeinsame Bekennen bloßes Theater?
Dagegen schlägt Hasselhorn eine Rückbesinnung auf Luther vor:
Wer Luther ernst nimmt und sich mit ihm beschäftigt, kommt an den religiösen Fragen auf keinen Fall vorbei. Luther würde dabei helfen, den individuell-religiösen Markenkern der reformatorischen Botschaft wiederzuentdecken, ganz jenseits von politisch-moralischem Engagement. Eine Rückbesinnung auf Luthers Erbe könnte überhaupt einmal wieder deutlich machen, was evangelisch sein eigentlich bedeutet. Und sie könnte dabei helfen, die Missverständnisse der lutherischen Botschaft zu vermeiden, jenes Aufweichen von Luthers Lehre in unernste Wohlfühltheologie, die ich für das Kernproblem unserer Kirche halte.
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