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Bibel & Theologie

Neue, revidierte Menge-Übersetzung

In diesem Jahr jährte sich der Todestag Hermann Menges[1] zum 80-sten Mal. Die erste Begegnung mit Menge hatte ich durch die seiner Feder entsprungenen Bibelübersetzung: der Menge-Bibel. In dem Bücherregal meines Vaters befand und befindet sich heute noch die Hexapla, eine Gegenüberstellung mehrerer Bibelübersetzungen wie z.B. Schlachter, Albrecht und eben auch Menge. Was mir damals diese Übersetzung sympathisch machte, war vermutlich die gute Verständlichkeit im Vergleich zur Elberfelder, aber auch zur Schlachter-Übersetzung. Irgendwann hörte ich, dass in einer christlichen Gemeinschaft in der Schweiz standardmäßig die Menge-Übersetzung gelesen wird. Wenn ich mich richtig entsinne, – es sind bereits über zehn Jahre vergangen – habe ich mir meine erste Menge-Bibel von einem Schweiz-Urlauber nach Deutschland importieren lassen. Seitdem ist diese Bibel meine persönliche Bibel. Schon länger habe ich mir eine Neuauflage der Menge-Bibel mit z.B. einem Schreibrand gewünscht. Und tatsächlich kündigt der CLV-Verlag an, im November 2019 eine neue Auflage auf den Markt zu bringen – die Menge 2020. Das gibt mir Anlass zu reflektieren, warum ich bis heute diese Übersetzung trotz einiger Wechselmotive allen anderen vorgezogen habe.

Auf seiner Internetpräsenz bewirbt der CLV-Verlag die Übersetzung mit folgendem Wortlaut: „Die Menge-Übersetzung besticht durch ihre schöne und würdevolle Sprache und brilliert durch ihre Genauigkeit in der Wiedergabe des Grundtextes.“[2] Damit trifft der Verlag m. E. ziemlich gut das, was ich an der Übersetzung schätze: die würdevolle, klangvolle, vielleicht auch ästhetische Sprache in Kombination mit einer gut verständlichen Ausdrucksweise. Diesen Klang gewinnt sie zum einen durch die elegante Ausdrucksweise und ausgewählte Wortwahl. Liebhaber der gewählten, alten deutschen Sprache werden Begriffe wie „Händelsucher“ statt „gewalttätig“, „Unbotmäßigkeit“ statt „Aufsässigkeit“  oder „unbescholten“ statt „tadellos“[3] als eine stärkere Kraft empfinden. Zum anderen gewinnt die Übersetzung ihren Klang auch durch die den Zusammenhang stärkenden Konnektoren (z.B. Konjunktionen). Sie „erschafft“ auf diese Weise in den Augen des Lesers einen kohärenteren Text; ob damit eine größere Nähe zum Grundtext erzielt wird, lasse ich hier unberücksichtigt. Als Beispiel sei an dieser Stelle Phil 4,6f. vergleichend aus der Schlachter 2000 und der Menge angeführt, wobei das Augenmerk der Verknüpfung der beiden Verse gilt:

Schlachter 2000: Sorgt euch um nichts; sondern in allem lasst durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden. Und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken bewahren in Christus Jesus! Menge: Sorgt euch um nichts, sondern laßt in jeder Lage eure Anliegen durch Gebet und Flehen verbunden mit Danksagung vor Gott kund werden! Dann wird der Friede Gottes, der höher ist als aller Verstand, eure Herzen und euer ganzes Denken in Christus Jesus bewahren (= in Gewahrsam halten).

Menge schafft durch die Wahl der Konjunktion „dann“ einen subjektiv stärkeren Zusammenhalt zwischen den beiden Versen als es die schwache Konjunktion „und“ zu erzielen vermag.

U.a. durch die ausgewählten Konnektoren ermöglicht die Übersetzung dem Leser einen schnellen Überblick über den Text und den Zusammenhang der einzelnen Abschnitte untereinander. Unterstützt wird dies noch durch eine – wie ich finde – außerordentlich gelungene Gliederung der Bibelbücher in mehreren Ebenen, die jeweils Überschriften versehen sind. Großen Büchern wie den Evangelien geht sogar eine grobe Gliederung voraus, so dass der Leser sich – wie ein Tourist in einer fremden Stadt mittels einer Stadtkarte – einen Überblick verschaffen kann. Die erleichterte Orientierung in der Menge-Bibel ist ein bedeutender Vorteil gegenüber den meisten anderen deutschen Übersetzungen. Auf seiner Internetseite bietet der CLV-Verlag einen Einblick in die neue Auflage an, indem dort die Bücher 1.Timotheus und Ruth als PDF zum Download angeboten werden. Da beide Bücher jedoch relativ kurz sind, wird der Vorteil der großartigen Gliederung nicht so stark ersichtlich wie bei einem umfangreicheren Text wie dem von 1.Mose oder 1.Korinther.

Dass die Menge-Übersetzung an manchen Stellen dem Grundtext stärker gerecht wird als andere Übersetzungen, macht Johannes Otto in seinem lesenswerten Artikel auf der Internetseite von Evangelium 21[4] deutlich:

Ein weiteres Beispiel aus Mk 11,19 soll zeigen, dass Menge den Inhalt des biblischen Wortes manchmal genauer wiedergibt als Luther:

„Und abends gingen sie hinaus vor die Stadt.“ (Luther 1984)

 „Und sooft es Abend geworden war, gingen sie (d.h. Jesus und seine Jünger) aus der Stadt hinaus.“ (Menge)

Dass Jesus mit seinen Jüngern Jerusalem abends immer verlies und am Morgen wieder in die Stadt zurückkehrte, wird uns bei Luther unterschlagen.

Wenn ich mir die Probeseiten der Menge 2020 ansehe, gibt es leider zwei Dinge, die mir nicht so zusagen. Zum ersten hat sich meine Hoffnung auf einen ausgeprägten Schreibrand nur bedingt erfüllt, auch wenn es mehr Platz für die Notizen als in der Auflage von 1949 zu geben scheint. Zum zweiten hat die neue Auflage die Darstellung des Textes in zwei Spalten zugunsten nur einer Spalte aufgegeben. Diese scheinbar zeitgemäße Darstellung, die auch bei der NISB[5] gewählt wurde, sagt mir persönlich leider gar nicht zu, werden einzelne Abschnitte dadurch visuell viel breiter als hoch. Das ist vermutlich nur ein äußerst subjektives Empfinden, die Verleger werden sich wohl etwas dabei gedacht haben. Positiv bewerte ich, dass die Verse weiterhin nicht immer mit einer neuen Zeile beginnen, wodurch allein visuell ein Zusammenhang der Verse bzw. Sätze vermittelt wird.

Abschließend möchte ich Johannes Otto aus dem oben erwähnten Artikel zu Wort kommen lassen:

Insgesamt bietet die Übersetzung von Hermann Menge […] eine Kombination aus flüssiger Sprache, Verständlichkeit und Nähe zum Urtext, die man so bei kaum einer anderen deutschen Bibelübersetzung findet. Das ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass die Menge-Bibel in ihrer letzten Fassung nun auch schon fast 80 Jahre alt ist, was wiederum für die Qualität der Übersetzung und die Fähigkeiten des Übersetzers spricht.[6]


[1] Allen, die sich mit der Person des Intellektuellen und Philologen Hermann Menge ein wenig befassen wollen, sei der Artikel von Johannes Otto empfohlen: https://www.evangelium21.net/media/1493/suche-jesum-und-sein-licht Zugriff zuletzt am 25.10.2019

[2] https://clv.de/Buecher/Bibel-NT/Menge-2020/Menge-2020.html Zugriff zuletzt am 25.10.2019

[3] Alle Beispiele aus Tit 1,5-7; Vergleich Schlachter 2000 und Menge

[4] https://www.evangelium21.net/media/1493/suche-jesum-und-sein-licht Zugriff zuletzt am 25.10.2019

[5] Neue Induktive Studienbibel (Text: Schl 2000)

[6] https://www.evangelium21.net/media/1493/suche-jesum-und-sein-licht Zugriff zuletzt am 25.10.2019

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