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Bibel & Theologie

Mit Ausdauer laufen (1): Laufen im Blick auf die Zeugen

Ende letzten Jahres verstarb der Theologe R.C. Sproul, vor ein paar Tagen der Evangelist Billy Graham, die Gott in seiner Gnade beide auf großartige Weise gebraucht hat – es sind Menschen, die den Wettlauf des Glaubens gut und ausdauernd zu Ende gelaufen und uns ein gutes Vorbild darin geworden sind. Auch Paulus konnte, als er dem Tod immer mehr ins Auge blickte, von sich schreiben, dass er den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet und den Glauben bewahrt hat (Phil. 4,7).

So sehr diese Menschen und ihr Zeugnis Ermutigung und Inspiration für uns sind, so sehr sind sie auch demütigend und herausfordernd, weil wir noch in diesem Wettlauf stehen, weil wir noch nicht vollendet sind und uns fragen, woher wir die Kraft für den ausdauernden Lauf nehmen sollen und ob wir nicht viel mehr – angesichts der Herausforderungen – „auf der Strecke“ bleiben werden. Hebräer 12,1-3 gibt uns für diese Frage wunderbare Antworten und Ermutigungen mit auf den Weg, wie wir mit Ausdauer laufen können.

„Deshalb lasst nun auch uns, da wir eine so große Wolke von Zeugen um uns haben, jede Bürde und die uns so leicht umstrickende Sünde ablegen und mit Ausdauer laufen den vor uns liegenden Wettlauf, indem wir hinschauen auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der um der vor ihm liegenden Freude willen die Schande nicht achtete und das Kreuz erduldete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes. Denn betrachtet den, der so großen Widerspruch von den Sündern gegen sich erduldet hat, damit ihr nicht ermüdet und in euren Seelen ermattet!

1) Laufen im Blick auf die Zeugen (Vers 1)

„Deshalb lasst nun auch uns, da wir eine so große Wolke von Zeugen um uns haben“. Der erste Vers schließt an das vorherige Kapitel an, das von den sogenannten „Glaubenshelden“ handelt. Warum werden sie gerade hier erwähnt, wo der Schreiber, der um die Gefahr der Trägheit weiß (siehe Vers 3), die Christen zum ausdauernden Lauf anspornen will? Weil die Beschäftigung mit den Glaubenshelden von ungemein wichtigem Wert ist. Wie schon eingangs erwähnt: Wir sehen in ihnen Menschen, die uns vorangegangen sind, die den Lauf vollendet haben, die uns ein Beispiel geben, wie man (zwar vielleicht in einer anderen, aber nicht weniger herausfordernden Zeit) für den Glauben einsteht und gegen Sünde kämpft – und dass es sich wirklich lohnt!

Die Glaubenshelden werden uns als eine lebendige Tatsache mit Auswirkungen für uns heute vor Augen gestellt (eine Tatsache, die sehr wichtig ist, denn wir stehen immer in der Gefahr, den Bezug zur Geschichte zu verlieren). Man kann diese Situation mit einem Läufer vergleichen, der, angetrieben von den Anfeuerungsrufen der Zuschauer, das Rennen in der Arena läuft und nochmal „eine Schippe drauflegt“ – genauso macht uns der Autor des Briefes deutlich, dass die Wolke von Zeugen real ist und uns anspornt. Wozu? Das wird uns am Ende von Vers 1 gesagt: „Deshalb lasst nun auch uns (…) jede Bürde und die uns so leicht umstrickende Sünde ablegen und mit Ausdauer laufen den vor uns liegenden Wettlauf“

Es ist interessant, welcher Zusammenhang hier aufgezeigt wird: Auf der einen Seite die reale Tatsache der Glaubenshelden, auf der anderen Seite die daraus folgende Ermutigung und eindringliche Aufforderung, Sünde und jegliche Last abzulegen.

Wir werden nicht nur dazu aufgefordert, Sünde abzulegen, wie sie uns z.B. in Kolosser 3,8 beschrieben wird (Wut, Zorn, Bosheit, schändliches Reden), sondern auch jegliche Last. John Pipers Gedanken dazu halte ich für sehr wichtig: Wir sollen nicht bloß fragen, ob es sich bei dieser oder jener Sache um eine Sünde handelt, vielmehr sollen wir uns die Frage stellen, ob es mir beim Laufen hilft! Helfen die Filme und Serien die ich schaue, die Bücher die ich lese, die Freunde mit denen ich Gemeinschaft habe mir dabei, wenn ich versuche geduldiger, liebevoller und heiliger zu werden oder steht es mir dabei im Weg und bremst mich aus? Niemand von uns würde sich für einen Marathonlauf einen Rucksack auf den Rücken schnallen, im geistlichen Leben handeln wir aber oft so irrsinnig.

Aber wenn wir dann sehen, dass wir von Menschen „umgeben“ sind, die vom Prinzip die gleichen Situationen durchmachen mussten und überstanden haben, die uns zeigen dass sich der Weg mit Jesus lohnt, dann ist das auch für uns eine unglaublich starke Ermutigung. Es geht dabei nicht darum, die Glaubenshelden zu glorifizieren, weder die biblischen Personen, noch die großen Männer und Frauen der Kirchengeschichte und auch nicht unsere russlanddeutschen Vorgänger. Sie alle waren Menschen, die mit Sünden behaftet waren und auch Fehler gemacht haben, die teilweise falsche oder zumindest kritisch zu beäugende theologische Meinungen vertraten – aber es geht darum von ihnen zu lernen wie ihre Theologie ihr Handeln beeinflusst hat, zu schauen was es heißt, mit dem Herrn zu leben, ihm konsequent durch alle Widrigkeiten nachzufolgen und schlicht zu gehorchen. Wir sollen nicht nur auf sie verweisen, um in Diskussionen theologische Standpunkte zu untermauern, sondern von ihnen lernen, wie Theologie zum ausdauernden Lauf befähigt.

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