Ein Gastbeitrag von Max, ein Auszug aus einer Predigt von ihm. Ich veröffentliche den Beitrag besonders gern, weil Max seit vielen Jahren ein guter Freund von mir ist. Ich kenne ihn als jemanden, der die Bibel von Herzen liebt. Er kennt manche Teile der Schrift auswendig und hat sich das neutestamentliche Griechisch autodidaktisch angeeignet. Ich freue mich vor allem, ihn Bruder im Herrn nennen zu können obwohl wir in Fragen der Lehre des Heils – die uns beiden sehr am Herzen liegt – unterschiedliche Positionen vertreten.
Drei Wegweiser in die Ruhe des Herrn
Als wir letztens mit der Familie in den französischen Alpen Urlaub machten, haben wir von einer Deutschen, die dort seit dreizehn Jahren lebt, erfahren, dass es in der Gegend keine Seltenheit ist, wenn Menschen die 100-Jahre-Marke knacken. Selber waren wir Gäste im Hause eines Mannes, der mit seinen 90 einen noch recht fitten Eindruck machte. Da stellte man sich natürlich die Frage, ob es an der Gegend selbst liegt, dass die Menschen so eine hohe Lebenserwartung haben.
Ist es vielleicht wegen der sauberen Bergluft und des genauso sauberen Wassers, die die Bergeinwohner genießen dürfen? Kommt es wohl auch auf die ökologisch reinen Lebensmittel, die sie konsumieren? Spielt da auch die notwendig gesunde Lebensweise mit, da man allein schon durch das Auf- und Absteigen der bergigen Straßen seinen Kreislauf täglich fördert?
All diese Punkte sind sicherlich wichtige Faktoren, doch es wäre noch nicht alles. Was aus meiner Sicht das Leben in den Bergen von unserem gewohnten Alltag sehr unterscheidet, ist fehlender Zeitdruck und Stress. Was wir an unserem Urlaubsort u. A. interessant fanden, sind die Sonnenuhren, die wir an einigen Häusern gesehen haben. Heutzutage, in unserer gewöhnlichen Welt, haben Sonnenuhren kaum praktische Bedeutung. Wo eine Sonnenuhr noch interessant ist, ist irgendwo in historischen Stadtzentren, für Touristen. Anders ist es in den Bergen, wo man keinen Termindruck hat, da reicht es, die Uhrzeit nur ungefähr zu kennen.
Wenn wir es auf das geistliche Leben übertragen, so ist es auch ganz wichtig, die Freiheit von allerlei Druck und Hetze zu haben. Diese Freiheit nennt die Bibel Ruhe oder Friede. In meiner Predigt „Drei Wegweiser in die Ruhe des Herrn“ gehe ich auf drei Bibeltexte ein, die uns deutlich machen, dass es einerseits vital für die geistliche Gesundheit ist, die Ruhe im Herrn zu haben. Andererseits ist es eine andere Art Ruhe, als dass man buchstäblich abgeschieden von der Welt in Einsamkeit den Rest seiner Tage verbringt.
In diesem Beitrag möchte ich den ersten der drei Wegweiser betrachten:
Eine Einladung Mt11,28-30
„Kommt zu mir alle…“ – ist einerseits eine universelle Einladung. Alle dürfen kommen. Andererseits wird durch die Ansprache „…ihr Mühseligen und Beladenen“ deutlich, dass diese Einladung zwar nicht den Kreis der Angesprochenen einschränkt, jedoch nicht von allen wahrgenommen werden wird. Es können nur diejenigen darauf reagieren, die sich ihrer Mühseligkeit und Last bewusst sind. Und es werden nur diejenigen dieser Einladung folgen, die auch zugeben, dass sie es brauchen. Nur jemand, der ehrlich zugibt „Ich bin einer, der durch Stress und Sorgen dieser Zeit mühselig, ja auch mit Sündenschuld beladen ist“, wird sich danach sehnen, die Mühsal und Last loszuwerden.
Was heißt denn „kommen“ bzw. was schließt das Kommen zum Herrn mit ein? Unsere Prägung diktiert uns diese fertige Antwort: „Buße tun, Sünden bekennen, glauben“. Es ist sicherlich nicht falsch. Wenn wir aber etwas mehr von dem Bibeltext profitieren wollen, halten wir stille und lesen wir genau, was der Herr an dieser Stelle sagt. Es gibt nämlich zwei weitere Aufforderungen, die Jesus hier macht: „Nehmt auf euch mein Joch, und lernt von mir!“ Lasst uns nun eine Brücke von damals zu heute schlagen, indem wir den unmittelbaren Zusammenhang betrachten und zu verstehen versuchen, was es für die damaligen Empfänger bedeutete und für uns heute.
A. Was hieß es für die Leute damals? Was machte sie mühselig, unruhig, beladen? Ganz am Anfang des Kapitels 11 lässt Johannes der Täufer Jesus fragen, ob er der Kommende [Messias] sei. Da klingt Verzweiflung und vielleicht sogar Enttäuschung durch bei diesem Mann, dessen Dienst darin bestand, den Weg des Herrn vorzubereiten, der sich aber in diesem Moment im Gefängnis befand und mit seinen menschlichen Augen keine Anzeichen der erwarteten Befreiung sah. Später wird der Herr am eigenen Beispiel zeigen, wie man sanftmütig die Leiden dieser Zeit erträgt (z.B. Mt 26,53; 1Pt 2,23). Da wird klar, was er meint mit „…lernt von mir, denn ich bin sanftmütig… nehmt mein Joch auf euch, … mein Joch ist sanft“. Und unmittelbar bevor Jesus seine Einladung ausspricht, verurteilt er die Städte um den See Genezareth für ihre Unbußfertigkeit. Keine Zeichen, keine Wunder konnten sie dazu bewegen, die himmlische Autorität Jesu anzuerkennen und ihr Herz zu beugen, um Buße zu tun. So wird auch verständlicher, warum wir von dem Herrn Demut lernen sollen. Demut spielt nämlich eine Schlüsselrolle bei der Buße, man kann nicht Buße tun, ohne demütig zu sein. Jesus preist den Vater, dass er die Geheimnisse des Himmelreiches nicht den selbstbewussten und eingebildeten Weisen und Verständigen, sondern den Unmündigen, den Schlichten, eben den Demütigen geoffenbart hat.
B. Was heißt es heute für uns? Was stresst die Leute in unserer Zeit, was bedrückt sie und macht das Herz schwer? Ist das nicht eben die fehlende Sanftmut und Demut? Sind das nicht unsere überhöhten Erwartungen und Anforderungen an uns selbst, an unsere Mitmenschen, ja, auch an Gott? Ich kann nicht ruhig sein, wenn ich an einem Tag zu wenig schaffe, daher: Termine, Termine, Termine… Ich kann nicht zufrieden sein, wenn die Kinder oder der Ehepartner nicht so sind, wie ich es mir vorstelle! Ich kann nicht dankbar sein, wenn Gott mir nicht das gibt, was ich mir wünsche!
Doch der Herr weiß Bescheid um unsere unruhigen Herzen. Und es ist eines der Zentralanliegen für ihn, unsere Herzen von diesem bedrückten, friedlosen, unruhigen Zustand zu befreien. Jesus sagt hier: „Ich kümmere mich! Kommt zu mir, lernt von mir Sanftmut und Demut, und so, nämlich sanftmütig und demütig, nehmt mein Joch auf euch. So wird es sanft sein und meine Last wird leicht sein. Und ich werde euch Ruhe geben…“
Die beiden nächsten Wegweiser lauten
- Eine Ermutigung Joh 14,27 und
- Eine Ermahnung Heb 3,7-4,11
Diese Schriftstellen machen auch die biblische Spannung spürbar, dass diese Ruhe des Herrn einerseits nur durch das Wirken Gottes im Menschen zustande kommen kann, der Eingang in diese Ruhe, andererseits, in der Verantwortung des Menschen liegt.
Es gibt keinen normalen Menschen, der sich keine Ruhe wünscht. Es gibt viele unter uns, die von der Ruhe im Herrn nicht regelmäßig profitieren.
Zurück zum Thema Berge. Ich denke an den Kinderfilm „Heidi“, wo das in den Schweizer-Alpen groß gewordene Mädchen nach Frankfurt kommt und in dem Mansion einer reichen Familie wie in einem goldenen Käfig lebt. Es dauert nicht lange, bis sie starkes Heimweh bekommt, das mit der Zeit in einer richtigen Krankheit mündet, sodass es nicht anders geht, als dass das Mädchen zurück nach Hause muss.
Das Prinzip scheint mir auch auf uns zuzutreffen. Wir können wohl in „goldenen Käfigen“ des Wohlstands, des Luxus, des übertriebenen Entertainments und Konsums leben. Meistens müssen wir dafür aber einen hohen Preis zahlen: Die Ruhe unserer Herzen.
Nein, wir müssen nicht unbedingt hoch in die richtigen, physischen Berge, oder womöglich auf eine einsame Insel ziehen, um die wahre Ruhe zu bekommen (obwohl es echt empfehlenswert ist, mal in die Berge zu fahren). Und doch sollten wir hin und wieder unsere Augen zu den Bergen heben, von wo unsere Hilfe kommt – zu dem Herrn! Er ist unser starker Fels, dem wir vertrauen und sein Wort – die Bibel – unser festes Fundament, auf das wir bauen und woraus wir durch den Heiligen Geist unsere Sicherheit im Herrn, die wahre Ruhe schöpfen.
Der Herr segne uns!