Mit der dritten Antwort auf die Frage: „Was motiviert mich dazu, mich mit der Geschichte der Russlandmennoniten zu beschäftigen?“ lässt sich auch mein allgemeines Interesse an der Kirchengeschichte begründen: „Die Geschichte dient für mich als Stoßdämpfer für die Ereignisse in der Gegenwart.“ Ich möchte dieses Bild anhand einiger Beispiele erklären.
Wenn ich Situationen erlebe, wo ich von mir oder Mitmenschen enttäuscht bin, hilft mir das Wissen um Personen und deren Niederlagen, um diese Schlaglöcher zu überfahren. Wenn ich mit meinem Versagen hadere, darf ich wissen, auch einen Ehebrecher und Mörder wie David konnte Gott gebrauchen. Wenn ich mit traurigen Veränderungen eines Bruders konfrontiert bin, denke ich z.B. an die im Alter hart und wunderlich gewordenen Männer der Kirchengeschichte Luther und Darby.
Wenn ich Trennungen unter den Gläubigen betrachte und von damit einhergehenden bitteren Herzen und Zerwürfnissen höre, dann denke ich an die Entstehung der Mennoniten-Brüdergemeinde im Jahre 1860. Die sogenannten Brüder lösten sich aus der Mennonitenkirche, da „[d]as sittliche Leben […] viel zu wünschen übrig [ließ]“[1]. Diese Trennung ging mit bösen Nachstellungen, Anrufung der Obrigkeit gegen die eigenen Landsleute und der „Verhinderung des bürgerlich geschäftlichen Verkehrs“[2] einher. Erst jetzt im Jahre 2010, auf einer Feier anlässlich des 150. Jahrestages der Brüdergemeinde, reichten sich Vertreter der beiden Mennonitengemeinschaften in Detmold die Hand zur offiziellen Versöhnung. Wenn ich mir den Umgang von damals und die Zeitspanne anschaue, gewinne ich einen anderen Blick auf gegenwärtigen Trennungen bzw. Spaltungen.
Sicher darf
es nicht darum gehen die Versagen kleinzureden oder ihnen die Sündhaftigkeit abzusprechen,
aber darum sie für mich fruchtbar werden zu lassen, indem ich sie in einen
größeren Rahmen einsortiere. Auf diese Weise kann ich die Enttäuschung leichter
überwinden, indem ich mir die Kirchengeschichte und im Speziellen die Geschichte
der Russlandmennoniten vor Augen führe.
[1] Unruh, A.H. (2010): Die Geschichte der Mennoniten-Brüdergemeinde in Russland 1860-1945. S.61
[2] Ebd. S.7
Eine Antwort auf „Mein Interesse an der Geschichte der Russlandmennoniten – Teil 3“
Danke für deine Ausführungen zu den Mennoniten. Es ist für mich auch ein sehr spannendes Thema, mit dem ich mich schon seit einiger Zeit befasse. Besonders interessant für mich: Die Mentalität der Mennoniten zu erforschen und zu verstehen. Diese (spezielle) Mentalität macht unter anderem die Faszination dieses Volkes aus.