Dieser Artikel ist Teil einer dreiteiligen Artikelreihe über die Opfer in 3. Mose:
- Opfer in der Umwelt des Alten Testaments
- Beobachtungen zu 3. Mose 1-5 und Übersicht über die Opferarten
- Die Theologie der Opfer
„Wenn jemand ein Opfer bringen will…“
Als ich vor einiger Zeit 3. Mose (Leviticus) gelesen habe, ist mir eine Sache ganz am Anfang von 3. Mose aufgefallen. Ich hatte eigentlich erwartet in 3. Mose Aufforderungen von Gott zum Opfern vorzufinden. Doch genau genommen steht im Kapitel 1,2-3a:
Sag den Israeliten Folgendes: Wenn jemand von euch Jahwe eine Opfergabe bringen möchte, sollt ihr dafür ein Rind, ein Schaf oder eine Ziege nehmen. Wenn er ein Rind als Brandopfer bringen will, muss es ein fehlerfreies Tier sein…
Es wird also nicht zum Opfern aufgefordert, sonder Gott lässt durch Mose das Volk Israel wissen, wie sie in rechter Weise opfern sollen, damit die Opfer ein Gottesdienst sind. Und so findet man dann in den ersten fünf Kapiteln Anweisungen, die den Opfer-Gottesdienst betreffen und es wird dabei zwischen fünf verschiedenen Opferarten unterschieden:
Brandopfer | 3. Mose 1 | je nach Finanzkraft: junger Stier, Widder, Lämmer, Turteltauben oder andere Tauben (männlich + fehlerlos) | wird als Geschenk dargebracht und (bis auf die Haut) vollständig verbrannt und von Gott als wohlgefälliger Geruch angenommen; drückt in besonderer Weise die Beziehung des Opfernden zu Gott aus |
Speisopfer, „Gabe“ | 3. Mose 2 | Mehl oder Ähren, Öl, Weihrauch, Salz; kein Sauerteig und Honig | ein rein pflanzliches Opfer mit sühnenderFunktion, ein Teil der Gabe samt Weihrauch wurde vom Priester verbrannt, der Rest diente den Priestern und ihren Söhnen als Speise (ein vom Priester dargebrachtes Speisopfer wurde vollständig verbrannt) |
Dankopfer, Friedensopfer | 3. Mose 3 | Stiere, Kühe, Widder, Schafe, Ziegen | drückt insbesondere den Dank des Opfernden aus; wird auch Gemeinschafts- opfer genannt, da ein Teil des Opfers verbrannt wird, der Großteil jedoch dem Opfernden zum Verzehr bleibt und dieser oft mit anderen kultisch reinen Personen und dem Priester gemeinschaftlich gegessen wurde |
Sündopfer | 3. Mose 4,1 – 5,13 | je nachdem, wer gesündigt hat: 1 junger Stier (Priester); 1 junger Stier (Gemeinschaft); 1 Ziegenbock (Fürst); 1 Ziege oder ein Schaf (weiblich + fehlerlos; einzelner Israelit) | verpflichtend: ist vorgeschrieben bei Vergehen vor Gott; sühnende Funktion; betont wird der Vorgang der Reinigung |
Schuldopfer | 3. Mose 5,14 – 6 | Schaf- oder Ziegenbock im Wert von einigen Silbermünzen | sühnende Funktion mit wiederher- stellendem und wieder gutmachenden Charakter; die Schuld muss auch bereinigt werden, z.B. indem Geraubtes erstattet wird |
Die ersten drei Opfer sind freiwillig, denn die Vorschriften zu diesen Opfern werden alle gleich eingeleitet: „Wenn jemand ein Opfer bringen will, …“.
Auch in 2. Mose, wo es allgemein um das Opfern geht, findet sich keine direkte Aufforderung zum Opfern, sondern nur Gott und keinen Göttern Opfer zu bringen und die klare Anweisung, dass die Opfer auf einem Altar aus Erde oder unbehauenen Steinen dargebracht werden sollten (Exodus 20, 22ff).
„Wenn jemand sündigt, dann muss er ein Opfer bringen …“
Nur die Vorschriften für Sünd- und Schuldopfer werden anders eingeleitet: „Wenn jemand unabsichtlich etwas tut, was Jahwe verboten hat, (…) dann muss er für seine begangene Sünde Jahwe einen fehhlerfreien jungen Stier als Sündopfer bringen.“ Diese Opfer waren in bestimmten Situationen, also nach Vergehen gegen Gott und wenn man Schuld dem Nächsten gegenüber hatte, für den Betreffenden verpflichtend.
Hieraus wird deutlich, dass Schuld gesühnt werden muss, worauf ich im dritten Teil näher eingehen werde.
Auch in Kapitel 9, wo der erste Opfer-Gottesdienst beschrieben wird, wird Aaron von Gott aufgefordert, eine bestimte Anzahl von Opfern zu bringen. Und ebenfalls in Kapitel 23, wo die Feste des HERRN beschrieben sind, die als heilige Versammlungen ausgerufen werden sollen, gibt es Aufforderungen zu bestimmten Opfern.
Dass in den Kapiteln 1-5 diese Aufforderungen ausbleiben, betont meiner Meinung nach die Freiwilligkeit der Opfer von Einzelnen. Man denke hier auch an Psalm 40: „Opfer und Gaben hast du nicht gewollt“.
Gott ist nicht angewiesen auf die Opfer von Menschen und er forderte nie einen rein äußerlichen Opfer-Gottesdienst, doch waren sie für die Israeliten eine Möglichkeit, Gott Dank zu bringen, ihm zu dienen und Vergebung zu erlangen.