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Menno Simons über die Prediger bzw. Ältesten

In seinem Fundamentbuch[1] dem bekanntesten schriftlichen Werk Menno Simons‘ widmet dieser sich zum größten Teil der „Widerlegung falscher Ansichten“. Die Themen sind hier u.a. die Taufe, das Abendmahl und die Prediger. Das Ziel seines Buches ist es, sowohl die wahrhaft Gläubigen in ihrem Glauben zu bestärken als auch den vom Kirchentum geblendeten die Augen für die Wahrheit zu öffnen. Mit dem Abschnitt „Von den Lehrern“ verfolgt der Autor das Ziel, einen biblischen Befund dazu aufzuzeigen, wie die Lehrer bzw. die Ältesten – er verwendet m. E. beide Begriffe austauschbar ‑ berufen werden, was ihre Lehre inhaltlich auszeichnen muss und welche Merkmale ihr Leben charakterisieren sollen. Diese Aspekte geben uns auch heute noch die Möglichkeit, unseren persönlichen Dienst in der Gemeinde kritisch zu reflektieren.

Die Sendung bzw. Berufung der Prediger

Menno Simons, wie vermutlich auch die anderen Täufer, sah zwei Möglichkeiten der Berufung zum Ältestendienst: entweder durch direkte, persönliche Berufung „allein von Gott“ oder „durch Vermittlung der Gottesfürchtigen“[3]. Auf die erste Art und Weise dürften m.E. die ersten Leiter der Täuferbewegung berufen worden (Mantz, Grebel, Blaurock) sein, da es niemanden gegeben hat, der sie berufen konnte. Schließlich waren die Täufer doch in den Augen der katholischen als auch protestantischen Kirche eine verachtete Sekte. Durch Vermittlung anderer Gläubigen ist u.a. er selbst, Menno Simons, berufen worden, als Obbe Philips ihm kurz nach Mennos Austritt aus der katholischen Kirche die Hände auflegte und ihn zum Ältesten ordinierte.

Ehrsamer, redlicher Leser, lass es dir eine gewisse und feste Regel sein dass alle diejenigen, welche Christus und sein Wort recht predigen und dadurch dem Herrn gehorsame Kinder erzeugen, durch eins der obenerwähnten Mittel berufen sein müssen. Sie müssen durch die wahrhafte, ungefärbte Liebe Gottes und ihres Nächsten (er meint hier die Liebe ZU Gott und dem Nächsten), durch die Kraft des Heiligen Geistes in des Herrn Ackerwerk getrieben worden sein.[4]

Diese Art der Berufung klingt für diejenigen, welche in freikirchlichen Gemeinden sozialisiert sind, nicht sonderlich bedeutend. Wenn man sich jedoch den kirchengeschichtlichen Hintergrund zur Zeit Mennos vor Augen führt, gewinnt diese Perspektive eine gewichtigere Stellung. Menno grenzt sich nämlich bewusst zur katholischen (aber auch protestantischen) Kirche ab, in der die weltlichen Machthaber entscheidenden Einfluss auf die Berufung eines Predigers hatten. Auch wenn diese obrigkeitlichen Personen gelistete Mitglieder der Kirche waren, erkennt Menno sie aufgrund ihres gottlosen Wandels nicht als Gläubige an. Selbst wenn die gewöhnlichen Kirchenmitglieder die Ältesten berufen hätten, gelte für diese dasselbe disqualifizierende Urteil.

Da es nun so offensichtlich ist, dass sowohl die Obrigkeiten als auch die Untertanen gänzlich wider Christi Geist und Wort sind, leben und wandeln […]; so kann ich mich nicht genug wundern, dass er so unverständig und unbedacht, oder so kühn und vermessen sein kann, […] sich zu rühmen, dass er und Prediger von seiner Art von Gott durch Menschen ebenso eingesetzt oder berufen wurden, wie es in der ersten Kirche durch Paulus, Barnabas, Timotheus und Titus mit den Ältesten geschehen ist.[5]

Die Lehre der Prediger

Die Aufgabe der Ältesten ist die Verkündigung des Wortes Gottes. „Denn nur das Evangelium, Gottes Wort, unvermischt in Geistes Kraft gepredigt, ist der rechte wahrhaftige Samen, aus dem die wahren, gläubigen, gehorsamen Kinder Gottes geboren werden.“[6] Vor dem Hintergrund der katholischen Prediger warnt er vor dem Predigen von Menschengeboten, „Konzilien und Gewohnheiten“ als auch persönlichen Ansichten der Theologen und führt dann (nach meinem Dafürhalten) nicht ohne Ironie weiter aus:

So lehrten denn die rechten Boten Gottes nichts als des Herrn Wort, welches die einzige Lehre ist, wovon unsere Seelen ewig leben müssen, wie es der Herr sagt (5.Mo. 8,3). Deshalb kann man auch leicht erkennen und beurteilen, was für Lehrer es sind, die das arme, unbesonnene Volk auf Legenden, Historien, Fabeln hinweisen, sowie auf Feiertage, Bilder Weihwasser, Kerzen, Palmen, Beichten, Wallfahrten, Messen, Metten und Vespern. Sie lehren von Fegefeuer, Wachen, Zeiten, Bullen, Opfern und Genugtuung für Seelen und Sünden; die einen Bissen Brot und einen Schluck Wein zu dem tatsächlichen Fleisch und Blut Christi machen. Sie lehren und sagen, wenn sie nur diese Worte gesprochen haben: Hoc est corpus meum, d.h. das ist mein Leib, so müsse der Herr, egal ob er will oder nicht will, herab und in den Bereich ihrer abgöttischen Hände kommen, möge der Himmel gleich bersten und die Erde einfallen. O Gotteslästerung.[7]

Auch unsere heutigen Predigten müssen sich dieser Prüfung unterziehen lassen: Predigen wir (nur) unsere Überzeugungen oder die der geschätzten Theologen oder gehen wir in die Ausarbeitung unsrer Predigten mit der Frage nach der Botschaft Gottes in dem vorliegenden Text. Ein guter Ausleger wird das letztere als Ziel vor Augen haben und dann die Theologen konsultieren.  

Das Leben der Prediger

Unter diesem Punkt verweist Menno Simons darauf, dass die Lebensführung eines Predigers durch Frömmigkeit und Unsträflichkeit gekennzeichnet sein muss. Hier verweist er u. a. auf Paulus, der seinen Leib in Zaum hält, „dass ich nicht den andern predige und selbst verwerflich werde“ (1.Kor. 9,27). Des Weiteren führt er die Beschreibungen der Tadellosigkeit eines Ältesten aus 1Tim 3 und Tit 1 an. Dem schließt sich eine illustrative Beschreibung des dienenden Predigers und Ältesten an:

Diese, sage ich noch einmal, sind diejenigen, die mit Christus sammeln, was zerstreut ist, verbinden, was verwundet ist, und heilen, was krank ist. […] Sie streiten alle Tage tapfer mit den Waffen des Gehorsams. Sie zerreißen, brechen und zerstören alles was gegen Gottes Wort ist, […] durch die Predigt des heiligen Wortes, in der Kraft des Geistes, mit des Herrn Wort. Sie bauen, säen, begießen und pflanzen. Sie mähen das Reife ab. Sie sammeln ihre Frucht und Garben, bringen sie in des Herrn Scheunen und diese Früchte werden bleiben für das ewige Leben.[8]


[1] Menno Simons (2013): Das Fundament. In: Die Schriften des Menno Simons. Gesamtausgabe. S.245-386.

[2] Ebd. S.320.

[3] Ebd. S.313.

[4] Ebd.

[5] Menno Simons (2013): Beantwortung einer Schrift des Gellius Faber. In: Die Schriften des Menno Simons. Gesamtausgabe. S.806.

[6] Menno Simons (2013): Das Fundament. S.318.

[7] Ebd. S.319.

[8] Ebd. S.326.

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