Klaus und Judith Hickel leben mit ihren drei Kindern in Leipzig. Klaus ist Pastor der Leipzig English Church, Judith Teamleiterin von EMU Music in Deutschland. Ich habe mit den beiden u.a. über die Auswirkungen der Coronakrise auf Gemeinden und Familien gesprochen.
Waldemar: Klaus, wegen des Coronavirus gibt es in vielen Ländern aktuell Versammlungsverbote. Wie begegnet ihr als Leipzig English Church dieser Herausforderung?
Klaus: Die aktuelle Herausforderung besteht darin, unser Gemeinde- und Gottesdienstverständnis ohne körperliches Beisammensein umzusetzen. Was dabei logistisch möglich und sinnvoll ist, hängt natürlich von der Größe der Gemeinde und einzelner Gruppen ab. Unsere Hauskreise, Trainingskurse, Frauen- und Männergruppen und Socials finden auf den einschlägigen Plattformen online statt. Gleichzeitig entstehen dadurch Möglichkeiten, kreativ zu sein! Unsere Jugendgruppe hatte zum Beispiel einen Riesenspaß mit einer Schnitzeljagd, bei der alle bestimmte Gegenstände im ganzen Haus zusammenfinden mussten! Humor und Lachen sind gerade jetzt besonders wichtig.
In Zeiten wie diesen ergeben sich auch Chancen, das eigene Gemeindeverständnis von Neuem zu vermitteln. Gleich zu Anfang des Versammlungsverbots war es uns zum Beispiel wichtig, jedem Einzelnen die gegenseitige Verantwortung füreinander frisch ans Herz zu legen und damit das biblische „einander“ zu artikulieren und zu betonen.
Trotz aller Chancen muss uns aber bewusst sein, dass es sich dabei um Krücken handelt. Ich halte es für unmöglich, dem Wesen von Gemeinde auf Dauer ohne körperliches Beisammensein gerecht zu werden. Die Ortsgemeinde ist die irdische Gestalt einer himmlischen Realität, die lokale Versammlung um Christus, dem wir in der Verkündigung von Gottes Wort und der gegenseitigen Erbauung durch das Wort begegnen. Wir können zwar auch online durch Lieder und Verkündigung, Sündenbekenntnis und Fürbitte eine Form bieten, um in Gottes Wort einzutauchen; aber die Versammlung „im Fleisch“ mit dem biblischen Aspekt des leiblichen „Miteinanders“ ist nichtsdestotrotz ein unabdinglicher Aspekt der Ortsgemeinde. Gerade in diesem und durch dieses Miteinander wirkt der Heilige Geist spürbar und auf besondere Weise. Insofern wollen wir einerseits unsere Mitglieder und Besucher durch ein Online-Angebot im Glauben stärken und trösten, aber wir wollen bewusst nicht den Eindruck entstehen lassen, dass es einen „echten“ Gottesdienst ersetzen kann. Ich hoffe, dass durch den Entzug des Versammlungsprivilegs eine starke Sehnsucht nach „echter“ Gemeinde entsteht, die die Unzulänglichkeit der Online-Angebote aufzeigt und das Kostbare am Wunder „Gemeinde“ neu bewusst werden lässt.
Das ganze Interview kann man bei Evangelium21 nachlesen:
https://www.evangelium21.net/media/1887/gottes-wort-raum-geben