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Bibel & Theologie

Der Fischzug des Petrus – oder wie ein Sünder trotzdem Jesus dienen kann

Lukas 5, 1-11:

Es begab sich aber, als die Menge sich zu ihm drängte, um das Wort Gottes zu hören, dass er am See Genezareth stand; und er sah zwei Schiffe am Ufer liegen; die Fischer aber waren aus ihnen ausgestiegen und wuschen die Netze. Da stieg er in eines der Schiffe, das Simon gehörte, und bat ihn, ein wenig vom Land wegzufahren; und er setzte sich und lehrte die Volksmenge vom Schiff aus. Als er aber zu reden aufgehört hatte, sprach er zu Simon: Fahre hinaus auf die Tiefe, und lasst eure Netze zu einem Fang hinunter! Und Simon antwortete und sprach zu ihm: Meister, wir haben die ganze Nacht hindurch gearbeitet und nichts gefangen; aber auf dein Wort will ich das Netz auswerfen! Und als sie das getan hatten, fingen sie eine große Menge Fische; und ihr Netz begann zu reißen. Da winkten sie den Gefährten, die im anderen Schiff waren, dass sie kommen und ihnen helfen sollten; und sie kamen und füllten beide Schiffe, sodass sie zu sinken begannen. Als aber Simon Petrus das sah, fiel er zu den Knien Jesu nieder und sprach: Herr, gehe von mir hinweg, denn ich bin ein sündiger Mensch. Denn ein Schrecken überkam ihn und alle, die bei ihm waren, wegen des Fischzuges, den sie gemacht hatten; gleicherweise auch Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, die Simons Teilhaber waren. Und Jesus sprach zu Simon: Fürchte dich nicht; von nun an sollst du Menschen fangen! Und sie brachten die Schiffe ans Land, verließen alles und folgten ihm nach.

Zum Hintergrund

  • Im Text werden hauptsächlich zwei Personen vorgestellt: Jesus und Petrus
  • Jesus ist hier am Anfang seines öffentlichen Wirkens, dabei aber schon einer größeren Menge bekannt (Lukas 4, 37)
  • Das ergab sich vor allem aus seinem Auftreten bei Johannes dem Täufer und seiner Verkündigung in Nazareth (wo er einfach durch die Menge durchging, als sie ihn den Berg hinabstürzen wollten)
  • Außerdem fiel er durch seine ungewöhnliche Lehre (Lukas 4, 32) und verschiedene Wunder (Lukas 4 am Ende) auf
  • Die andere Hauptperson dieses Textes ist Simon, besser bekannt als Petrus
  • Er tritt hier nicht zum ersten Mal auf, sondern wird kurz vorher erwähnt (Heilung seiner Schwiegermutter) – kennt Jesus vermutlich also noch nicht sehr lange
  • Er wird von Jesus dazu aufgefordert, ihm sein Schiff zu Verfügung zu stellen, während Jesus das Volk lehrt
  • Nach der Rede fordert er Simon zur erneuten Ausfahrt auf (die Fischer um Petrus hatten zuvor die ganze Nacht ohne Erfolg auf dem See verbracht)
  • Simon widerspricht, allerdings nur zaghaft; vielleicht war ihm noch das Wunder an seiner Schwiegermutter im Gedächtnis
  • Deswegen lässt sich der erfahrene Fischer eines Besseren belehren und fährt am Tag zum Fischen
  • Der Ausgang: Viele Fische und ein gedemütigter Fischer
  • Ich möchte aus diesem Text zwei Erkenntnisse bzw. Anwendungen ziehen:

1 Wer Jesus erkennt, erkennt sich selbst

Angefangen bei der Heilung an seiner Schwiegermutter und dem anschließenden Wunder auf dem See, beginnt Petrus zu ahnen, mit wem er es zu tun hat. Und diese Erkenntnis lässt ihn nicht kalt: Direkt nachdem er mit seiner Mannschaft das Land erreicht, fällt er vor Jesus hin und bringt nur einen Satz hervor: „Herr, gehe von mir hinweg, denn ich bin ein sündiger Mensch“. Die Macht und die Autorität Jesu zeigen ihm, wie er, Petrus, selbst ist: Ein durch und durch sündiger Mensch. Ähnlich der Sonne, die den Schmutz auf einem Fenster erst deutlich macht, wirkt die Gegenwart Jesu auf Petrus.

Manchmal wird Jesus uns heute als Lebenshilfe versprochen, die wie ein Medikament in unseren Problemen wirkt. Aber dabei handelt es sich um ein verzerrtes (oder gar falsches) Bild: In erster Linie macht die Begegnung mit Jesus uns deutlich, in welchem Elend wir stecken. Der Heidelberger Katechismus benennt in seiner ersten Frage den einzigen Trost im Leben und Sterben: Dass man zu Jesus gehört und von ihm erlöst wurde. Er geht aber in der zweiten Frage auch darauf ein, was man wissen muss, um diesen Trost zu erfahren. Und der erste Punkt lautet: Wie groß meine Sünde und Elend ist. So geht es Petrus – er sieht Jesus und bemerkt mit großem Schrecken, was für eine elende Kreatur er ist.

Dieser Prozess kann wehtun – wer möchte schon gerne seine größten Fehler und seine angeborene Bosheit aufgedeckt wissen. Gleichzeitig ist dieser Vorgang aber nötig und heilsam. Das bringt uns zum nächsten Aspekt.

2 Jesus nimmt Sünder in seinen Dienst

Trotz dieser Erkenntnis (der Jesus übrigens nicht widerspricht!) wird Petrus zu einem der ersten Jünger. Er wird dazu beauftragt, von nun an Menschen zu fangen (als Analogie zu seinem Job als Fischer). Jesus antwortet ihm nämlich: „Fürchte dich nicht!“

Hier sehen wir ein wichtiges Prinzip: Jesus deckt nicht nur unsere Schuld auf, er sorgt auch für die Lösung. Nur er hat in diesem Zusammenhang die Vollmacht „Fürchte dich nicht“ zu sagen. Oder wie es der Heidelberger ausdrückt: Ich muss, um den einzigen Trost im Leben und Sterben zu erfahren, wissen, wie ich von all meinen Sünden und Elend erlöst werde. Es wäre furchtbar, wenn unsere Schuld durch Jesus nur aufgedeckt würde; aber er sorgt dafür, dass es Erlösung gibt.

Und die Sache geht weiter: Petrus darf, trotz seines Elends, in den Dienst Jesu treten. Er wird von ihm selbst dazu berufen. Und das betrifft auch uns – wir wissen doch selbst von unseren Schwächen, unserem ständigen Versagen und unseren Unzulänglichkeiten; und Jesus weiß es noch viel mehr. Aber dennoch will er uns in seinen Dienst berufen und uns gebrauchen. Oder, um den Katechismus abschließend zu zitieren: Ich muss wissen, wie ich Gott für solche Erlösung dankbar sein soll. Das heißt zusammengefasst nichts anderes, als dass ich trotz meiner Sündhaftigkeit um eine Erlösung wissen und aus Dankbarkeit dafür in seinen Dienst treten darf. Und das, obwohl er so heilig ist und wir genau das Gegenteil davon – weil er selbst für die Lösung gesorgt hat. Dieser Dienst ist im besten Sinne so herausfordernd und anspruchsvoll, dass Petrus den vermutlich größten Fang seines Lebens einfach hinter sich lässt und Jesus nachfolgt. An diesem Beispiel dürfen wir uns orientieren!

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