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Leben als Christ

Zwei Schlüssel für ein gelungenes Jahr

Ganz unabhängig davon, ob du dir für dieses Jahr Vorsätze gemacht hast oder nicht ist der Beginn eines neuen Jahres häufig damit verbunden, über Veränderungen nachzudenken. Die klassischen Schrauben, an denen man dreht, sind unser Stresspegel (soll sinken), die Zeit für Familie/Freunde (soll zunehmen), Sport (soll überhaupt erst in Gang gebracht werden), Essen (weniger Fast-Food) usw. Wir Menschen ticken eben so: Jeder von uns möchte ein gelungenes Leben führen und es optimieren. Wenn du dir bei iTunes die beliebtesten Podcasts anschaust, wirst du erkennen, dass diese These stimmt. In den Top-Podcasts geht es um besseren Umgang mit Geld, besseren Sex, die Entwicklung unserer Persönlichkeit, unser Essverhalten, die Optimierung unseres Zeitmanagements. Menschen streben per Definition danach, das Maximum aus diesem Leben herauszuholen. Selbst der Wunsch, sich weniger Ziele setzen zu wollen und sich mal treiben zu lassen, ist von nichts anderem bestimmt. Und es gibt tausend Ratgeber, die uns dabei zur Seite stehen wollen.

Interessanterweise ist das Anliegen, ein gelungenes Leben zu führen, der Bibel nicht fremd. Wir finden im AT einiges dazu, vor allem in der sog. Weisheitsliteratur, z.B. in den Sprüchen oder beim Prediger. Auch im NT gibt es Passagen, die man zu dieser Gattung zählen könnte, vor allem den Jakobusbrief. Jakobus greift in seinem Brief, der sich vielfach wie eine Predigt liest, tatsächlich immer wieder auf die gängige Weisheitsliteratur seiner Zeit und des AT zurück; dazu auch auf die Bergpredigt von Jesus. Ein starkes Merkmal der Weisheitsliteratur ist ja das „praktische“. Das ist nicht nur in der Bibel so, das ist ein allgemeines Merkmal (schaut euch nur die Podcasts mal an). Deshalb enthält Jakobus bei nur 108 Versen über 50 Imperative. Er schließt seinen Brief nicht mal mit den üblichen Grüßen usw. ab, sondern mit einer Reihe von Aufforderungen. Es ist spannend, die Weisheit Gottes darin zu erkennen und den Kontrast zu der Weisheit dieser Welt (in der manches Gutes enthalten sein kann), zu sehen.

Jakobus schrieb seinen Brief mit dem dringenden Anliegen, dass Theorie und Praxis nicht auseinanderklaffen, sondern dass Glaube und Werke Hand in Hand gehen. Biblische Weisheit zielt darauf, dass unser Leben echt ist, ein Ganzes ist, und im Ganzen vor Gott gelebt wird. Jakobus beschreibt eine Tendenz im Herzen des Menschen, sich zweiteilen zu wollen und Gott nicht völlig zu vertrauen. Er vergleicht uns mit einer Meereswoge, die hin und hergeworfen wird. Er sieht Widersprüche zwischen unserem Bekenntnis und unserem Leben. Er spricht in seinem Brief sehr konkret über gestörte Beziehungen, über verletzende Worte; aber auch über leere Worte: Wo das Bekenntnis „Christ“ draufsteht, ist nicht immer „Christus“ drin. Jakobus sieht Sünde, die in unser Leben dringen kann, sodass wir „von der Wahrheit abirren.“ In diese Zerrissenheit, in diese Anfechtungen hinein schreibt Jakobus diesen Brief. Er möchte uns Leser zu einem gelungenen Leben führen, er möchte diese Kluft kleiner machen. In die letzten beiden Aufforderungen des Briefes packt er noch einmal vieles hinein, was die Schönheit der biblischen Weisheit aufzeigt und uns zwei praktische Schlüssel für ein gelungenes Leben gibt. Die erste Aufforderung (ab Kap. 5,13) lautet:

Betet (füreinander)!

Das klingt ziemlich anstrengend, oder? Gehört das echt zu den abschließenden Ratschlägen für ein gelungenes Leben? Soll das das Hilfsmittel sein, zu dem wir greifen sollen? Ist das nicht etwas enttäuschend, etwas arm, wie Jakobus seinen Brief abschließt? Hat er nicht noch etwas Besonderes auf Lager? Und wie gesagt: Legt er uns hier nicht sogar eine sehr schwere Last auf: „Ihr müsst noch mehr beten!“ – obwohl es doch so anstrengend ist.

Wenn wir diese Verse so lesen, dann übersehen wir etwas. Jakobus nimmt uns hier vielmehr eine große Last ab. Zuerst ruft er jeden persönlich zum Gebet auf, in Krisen und in guten Momenten. Aber dann empfiehlt er eben denen, die sich nicht mehr in der Lage dazu sehen, dass sie andere bitten, für sich zu beten. Jakobus geht also ganz fest davon aus, dass wir schwach sind und scheitern. Deshalb legt er Wert darauf, dass er Elia beschreibt als „schwachen Menschen wie wir“ (und nicht als großen Glaubenshelden). Es gibt so viele Bücher und Podcasts (auch christliche), die uns tausend Ratschläge geben wollen, wie wir unser Leben meistern können. Häufig stehen sie unter folgender Grundannahme: Wenn wir nur die richtige Technik und Methode kennen, können wir es selbst schaffen. Doch diese vielen Ratgeber bauen Druck auf und fordern uns zu etwas heraus, was wir aus eigener Kraft gar nicht schaffen können: „Ich will meinen Medienkonsum ja besser in den Griff bekommen, aber…“ (setz hier deine aktuell größte Baustelle ein)

Seht ihr, was Jakobus macht? Den Druck, aus eigener Kraft etwas ändern zu müssen, nimmt er uns ab: Jakobus weiß, dass wir erst mal gar nichts können, er weiß, dass die wichtigste Einsicht für uns ist, dass wir schwach und abhängig sind, er weiß, dass die beste Methode die ist, alle Methoden erst einmal über Bord zu werfen und sich völlig Gott anzuvertrauen. Deshalb empfiehlt er in Kap. 5,13-18 immer und immer wieder:

  • Bete!
  • Such jemanden, der mit dir und für dich betet.
  • Hör auf, auf dich selbst zu vertrauen. Vertrau auf Gott!

Wie befreiend ist es, zu wissen, dass nicht mehr ich, sondern Gott über mein Leben herrscht. Das ist der Kern der biblischen Weisheit, in der sich ihre Schönheit zeigt: Während der durchschnittliche Ratgeber den Sündenfall mehr oder weniger ausblendet und uns unsere Erlösung in unsere Hand legt („wir müssen nur die richtige Methode kennen“), ist biblische Weisheit durchtränkt vom Evangelium: „Was bei Menschen unmöglich ist, ist möglich bei Gott“.

Und deshalb ist Gebet in der Bibel keine Leistung, die ich erbringe, um mir Anerkennung von Gott zu erarbeiten, sondern ein Eingeständnis meiner Schwachheit. Es ist das Ausschütten meines Herzens.

Die zweite Aufforderung in den letzten beiden Versen klingt noch drastischer:

Bekehrt einander!

Wumms! Das sitzt. Das ist biblische Weisheit in reinster Form. Sehr klare Kontraste. Sehr klare Perspektive, die über das Diesseits hinausgeht. Während der durchschnittliche iTunes-Podcast sich voll und ganz auf das Hier und Jetzt konzentriert und die unsichtbare Welt ausblendet geht Jakobus den entgegengesetzten Weg. Er verwendet Worte, die uns fast zu stark klingen: Irrweg, Wahrheit, Bekehren, Sünder, Tod, Erretten. Aber auch das gehört zum Kern der biblischen Weisheit: Sie blendet die Wirklichkeit eben nicht aus, sie stellt sich den schweren Fragen des Lebens, sie übergeht die Realität der Sünde nicht. Jakobus blendet die Tatsache nicht aus, dass unser Leben manchmal zerrissen ist zwischen Anspruch und Wirklichkeit.

Und nun empfiehlt er uns als allerletztes in diesem Brief, dass wir uns dabei gegenseitig im Blick behalten sollen. Wir brauchen einander, wenn wir unser ganzes Leben vor Gott führen wollen. Wir beten manchmal ganz allgemein dafür, dass wir mehr auf Jesus ausgerichtet werden und dass der Wunsch, ihm nachzufolgen, in uns wächst. Doch weißt du, wie das ganz praktisch geschehen kann? Wenn du dich nicht nur um dich selbst drehst, wenn du dein Christsein nicht auf eigene Faust lebst, wenn du dich nicht zurückziehst, wenn du nicht als Konsument das Angebot kritisierst, sondern wenn du investierst in Beziehungen, wenn du dich einer Gemeinde anschließt und ihr dein volles Ja gibst. Wir brauchen einander, wir brauchen verbindliche Beziehungen.

Dazu gehört dann auch der Mut, sich gegenseitig zu „bekehren“. Wir sollen nicht nur allgemein füreinander beten, sondern uns ansprechen und die gewichtigeren Fragen nicht übergehen. Ich las kürzlich einen Artikel bei der Gospel Coalition, in dem jemand beobachtet, dass auch Gesprächen unter Christen häufig die Tiefe fehlt. In diesem Artikel wird dann etwas empfohlen, was die Puritaner praktiziert haben und „conference“ nannten. Es waren bewusst geplante Zeiten, in denen man zielgerichtet die größeren Fragen aufgriff. Wir müssen das nicht 1:1 von den Puritanern kopieren, aber es gibt hier sicher etwas, das wir lernen können:

  • Leb nicht an den anderen vorbei, sodass jeder seine Zerrissenheit allein mit sich selbst ausmachen muss!
  • Sprich den anderen an,
  • greif die gewichtigen Fragen auf.

Es ist fantastisch, dass wir miteinander über gutes Essen, über Fußball, über unsere Arbeit und über Snowboarden reden können. Aber wenn das alles ist, fehlt etwas! Dann ist unser Leben nicht „ganz“ vor Gott. Das ist der zweite Schlüssel für ein gelungenes 2019, in dem wir wiederum die Schönheit biblischer Weisheit sehen können, weil sie durchtränkt ist vom Evangelium: Sie befreit uns vom ständigen Um-uns-selbst-drehen (was uns nicht erfüllt, das erkennen auch viele Podcaster und Ratgeber). Aber im Gegensatz zu dem durchschnittlichen Ratgeber gibt die Bibel uns auch zwei starke Argumente an die Hand: Es ist die Realität der Sünde, aber eben auch die Realität der Errettung. Jakobus schreibt: „der wird seine Seele vom Tode erretten und wird bedecken die Menge der Sünden.“ Das ist eine Erfahrung, die weit über das hinaus geht, was eine Nachbarschaftshilfe oder ein Helfen aus egoistischen Motiven in uns auslösen kann. Es ist interessant, dass die Gespräche, die mich in meinem Leben zuerst die größte Überwindung kosteten – Gespräche, in denen es um Sünde ging, wo man sich selbst demütigen musste, den anderen irgendwie ermutigen wollte (aber zuerst nicht wusste, wie) oder ermahnen musste – mir im Nachhinein oft als ganz besondere Momente vorkommen. Denn in diesen Gesprächen hat man etwas von der Realität der Errettung schmecken können.

Hier sind sie also, die zwei Schlüssel für ein gelungenes Jahr 2019: Betet (füreinander) und bekehrt einander!


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