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Fiktiver Brief des Menno Simons an Dr. Martinus Luther

Dieser fiktive Brief basiert auf den Schriften des Menno Simons, herausgegeben vom Samenkorn Verlag 2013. Motiviert zum Schreiben dieses Briefes hat mich die Frage nach der Beziehung zwischen Menno Simons und Martin Luther:

Menno Simons wünscht dem edlen und hochgelehrten Herrn Dr. Martinus Luther und seinen Mitarbeitern, wahren Glauben, klare Einsicht und einen unsträflichen Wandel, durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.

Zum Ersten: Dr. Martinus Luther bis in alle Ewigkeit habe ich die Verpflichtung Ihnen zumindest für eines dankbar zu sein. Ihre Schriften haben mir das Tor zum Worte Gottes geöffnet, nachdem ich sah, dass wir von der Kirche betrogen waren. Durch Ihre Schriften verstand ich, dass Menschengebote nicht zum ewigen Tode binden vermögen und hatte somit Freimut allein die Schrift zu mir reden zu lassen. Der HERR gab dazu Erleuchtung und Gnade, sodass ich meinen Gott mit Seufzen und Tränen bat, er wolle mir betrübten Sünder die Gabe seiner Gnade geben und mir ein reines Herz verleihen.

Des Weiteren ist Ihre Übersetzung der Heiligen Schrift mir ein nützliches Ding. Ursache zur Freude geben mir Ihr klares Einstehen für die vollständige Menschheit und zugleich vollständige Gottheit Jesu. Auch Ihr unerschrockenes Festhalten am Wort Gottes angesichts des papistischen Antichristen – vor allem zu Beginn Ihres Wirkens in Wittenberg – gibt mir Anlass zur Dankbarkeit. „Gottesdienst ohne Gottes Wort ist immer Abgötterei“, so schreiben Sie in der Vorrede zum Jesaja und dazu sage ich „Amen“.

Zum Zweiten: Was mich ungeheuer betrübt ist zum einen, dass Sie unmündige Kinder taufen, die wie Sie behaupten, den Glauben inwendig schlummernd besitzen. Aber wenn wir an die Apostel denken: Diese haben doch keine Gläubigen getauft, während diese schliefen.

Sie selber, Dr. Martinus Luther, haben in Ihren frühen Schriften eindringlich dafür eingestanden, dass der Glaube eine Gabe Gottes sei und nicht mit dem eisernen Schwert aufgezwungen werden dürfe, sondern allein durch das Wort in die Herzen der Menschen kommen müsse, da der Glaube eine freiwillige Hingabe des Herzens sei. Dieses haben Sie jedoch aus Ihren Büchern getilgt, nachdem sie die Fürsten, Städte und Länder auf Ihre Seite gezogen hatten. Hätten Sie Ihrer ersten Schriften gedacht, wäre uns täuferischen Fremdlingen und Pilgern manches Henkerbeil erspart geblieben. An Ihren Schriften klebt so manches Blut der frommen Nachfolger Christi.

Wenn ich nun zum eigentlichen des christlichen Glaubens komme – nämlich dem Wandel in den Fußstapfen Christi – dann schmerzt es mich, wenn ich sehe wie das Volk ein zuchtloses, hurerisches  Leben führt. Dies hat, so wie ich es erkenne, seine Ursache in Ihrer Lehre, dass uns der Glaube allein selig mache, auch ohne irgendwelches Zutun von Werken. Diese Lehre halten Sie mit solcher Strenge aufrecht, als ob Werke ganz und gar unnötig wären; ja als ob der Glaube von solcher Art und Natur sei, dass er keine Werke neben sich zulassen oder leiden könne. Sagt uns nicht Christus, dass derjenige, der seine Gebote hat und hält, Christus Jesus liebt?

Zum Dritten: Wir erheben uns nicht dazu jemanden zu richten, auch Dr. Martinus Luther nicht, sondern das wird derjenige tun, dem es vom Vater gegeben ist, Christus Jesus. Das müssen wir dennoch sagen, dass alle die in Christi Gemeinde sein wollen, müssen in Christus sein, wie Christus gesinnt sein (Phil 2,5) und wandeln, wie Christus gewandelt hat (1Joh 2,6). Amen.

„Kein anderes Fundament kann gelegt werden, denn das gelegt ist, nämlich: Christus Jesus.“ 1Kor 3,11

Eine Antwort auf „Fiktiver Brief des Menno Simons an Dr. Martinus Luther“

Lieber Menno,

vielen Dank für Ihren Brief. Sie schreiben, dass meine Lehre, der Glaube allein mache selig, schuld daran sei, dass das Volk ein zuchtloses und hurerisches Leben führt. Ihre Beobachtung des Volkes wird sicher richtig sein. Aber haben Sie meine Schriften gelesen oder ziehen Sie voreilige Schlüsse aus der Beobachtung des Volkes? Ich habe den Zusammenhang von Glauben und Werken in den Thesen für fünf Disputationen über Röm 3,38 (1535–1537) folgendermaßen formuliert:

Die Schrift aber bezeugt, dass unser aller Sünden auf ihn gelegt sind und er für die Sünden des Gottesvolkes durchbohrt wurde und wir durch seine Wunden geheilt sind. Auf diese Weise umsonst gerechtfertigt, tun wir daraufhin Werke, vielmehr tut Christus selbst alles in uns. Denn wenn keine Werke folgen, dann ist es gewiss, dass nicht dieser Glaube an Christus in unserem Herzen wohnt, sondern der tote Glaube, den man als erworbenen Glauben bezeichnet.

Zwar gilt die Predigt des Wortes allen, wie geschrieben steht: „Ihr Schall geht aus in alle Lande.“ Aber dieser Glaube entsteht nicht bei allen, wie geschrieben steht: „Wer hat unserem Predigen geglaubt?“

Alle aber, die verbreiten, dass die Werke vor Gott rechtfertigen, zeigen, dass sie nichts von Christus oder vom Glauben verstehen.

Wir bekennen, dass gute Werke auf den Glauben folgen müssen, vielmehr nicht müssen, sondern ihm von selbst folgen, so wie ein guter Baum nicht gute Früchte bringen muss, sondern von selbst bringt. Und wie gute Früchte nicht den Baum gut machen, so rechtfertigen gute Werke nicht die Person, sondern gute Werke werden von einer Person getan, die schon zuvor durch den Glauben gerechtfertigt ist, so wie gute Früchte von einem Baum kommen, der schon zuvor auf Grund seiner Natur gut ist.

Dr. Martinus Luther

[Das Zitat habe ich hier gefunden, dort findet sich auch die genaue Quellenangabe]

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