Lou Priolo befasst sich in seinem Buch Rebellische Kinder[1] mit dem Ursprung von Zorn und Rebellion bei Kindern und gibt Eltern Rat im Umgang mit ihrem Kind. Vermutlich jeder Vater und jede Mutter ist schon mehrfach an seine persönlichen Grenzen gestoßen, wenn sein Kind zornig durchs Haus stürmt und die Tür hinter sich zuknallend ins Kinderzimmer flüchtet. Priolo möchte in seinem Buch zeigen, wie Eltern mit solchem Verhalten systematisch umgehen können. Auffälligerweise richtet er dabei seinen Blick zunächst nicht auf das Kind sondern auf das 1) Familienleben und das 2) Verhalten der Eltern.
Unter ersterem stellt er zwei Systeme gegenüber: die kindorientierte und die gottzentrierte Familie. Im ersten Familientyp bestimmt das Kind den Tagesablauf und erhält „übertrieben viel Zeit und Aufmerksamkeit“[2]. Wenn es schlecht drauf ist, sind alle Familienmitglieder darauf bedacht, das Kind zu verhätscheln. Einem Kind im zweiten Familientyp wird beigebracht, dass es anderen freudig dienen soll und sich nach dem Tagesplan der Eltern richten muss. Es bekommt zwar Mitspracherecht bei Entscheidungen, ohne jedoch das gleiche Stimmrecht wie die Eltern zu besitzen. Die Erfahrung des Autors ist, dass die meisten Familien mit zornigen Kindern das erste Modell leben. Mit der folgenden Übersicht fasst der Priolo die beiden Modelle stark reduziert zusammen.
Kindzentriert | Gottzentriert |
Das Kind meint, die ganze Familie sei dazu da, es zufrieden und glücklich zu machen. Mutter, Vater und Geschwister gibt es nur, um seine Wünsche und Bedürfnisse zu erfüllen. | Das Kind versteht, dass der Mann das Haupt der Familie ist und die Frau sich ihrem Mann unterordnet. Die Beziehung der Eltern hat Vorrang. Sie ist dauerhaft und besteht zur Ehre Gottes. Kinder haben eine zweitrangige und zeitlich begrenzte Beziehung. |
Nach der Betrachtung der Familienphilosophie widmet sich das Buch in Anlehnung an Eph 6,4 („reizt eure Kinder nicht zum Zorn“) den „provozierende[n] Eltern“. Dabei geht es Priolo nicht darum, die Schuld allein den Eltern zuzuschieben, jedoch seien die Eltern bereits „große Sünder“ während das Kind noch ein „kleiner Sünder“ sei. Worauf Priolo abzielt, ist den Eltern ihren Anteil vor Augen zu führen. Dies tut er, indem er 25 Aspekte aufführt, wie Eltern ihre Kinder zum Zorn reizen können. Eine Auswahl dieser Punkte, möchte ich hier anführen:
- Fehlende Harmonie in der Ehe
- Eine kindzentrierte Familie
- Regelmäßiges Strafen im Zorn
- Die Meinung des Kindes übergehen oder seine Sicht nicht ernst nehmen
- Keine Zeit für „einfach nur reden“
- Kinder nicht loben oder ermutigen
Allein diese kleine Auswahl gibt ausreichend Anstoß zum selbstkritischen Nachdenken und zur Korrektur der Elternschaft. Wie erleben die Kinder unsere Ehe? Sehen sie Liebe, Sündenbekenntnis und Vergebung? Ist das Verhältnis zwischen mir und meiner Frau tatsächlich die erstrangige Beziehung? Wann sitze ich mal mit den Kids nur so herum und plaudere mit ihnen? Was hat quantitativ das Übergewicht: Lob oder Tadel?
Auf einen Seelsorgefall bezogen sagt der Autor, dass nachdem er drei Termine mit den Eltern hatte und diese beim vierten Gespräch das Kind mitbrachten, sich das Verhalten des Jungen bereits verändert hatte. Dieses Beispiel unterstreicht noch einmal den erheblichen Einfluss, den wir Eltern auf das Verhalten unserer Kinder haben.
[1] Priolo, Lou (2010): Rebellische Kinder. Was tun bei Herzen voller Zorn und Wut?
[2] S.20.