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400 Jahre Synode von Dordrecht, oder: Die Geburtsstunde der fünf Punkte

Vor 400 Jahren saßen im holländischen Dordrecht „von November 1618 bis zum Frühjahr 1619 rund einhundert Vertreter verschiedener nationaler Kirchen zu Beratungen bei der ersten und einzigen gesamteuropäischen Synode der Reformierten zusammen“, schreibt Holger Lahayne, dessen Artikel ich hier umreiße.

Der Ausgangspunkt für diese außergewöhnliche Synode war die in fünf zusammenhängenden Punkten dargelegte „Remonstranz“ (d. h. eine Art Gegendarstellung), die 1610 von Schülern von Jacobus Arminius als Ablehnung der calvinistischen Lehre vorgelegt wurde. Sie forderte die Anpassung des Glaubensbekenntnisses von der Frage der Erwählung bis hin zur Lehre über das Ausharren der Gläubigen. Aus Angst, Gott zum Tyrann zu machen, schwächten sie seine Souveränität entscheidend ab.

Auf dieser Synode entstanden die fünf Punkte des Calvinismus. Sie sind also nicht Calvins Werks, sondern eine Antwort auf die arminianische Lehre. Sie wollen auch gar nicht das Ganze der reformierten Theologie sein.

Das Credo Magazin hat anlässlich des 400jährigen Jubiläums eine komplette Ausgabe dem Thema Dort at 400 gewidmet. In dem Artikel A Plea for Calvinistic Compatibilism argumentiert Shawn Wright mit Blick auf den Anfang von Calvins Institutio, dass es bei dieser Frage letztlich nicht um die fünf Punkte geht, sondern vielmehr darum, Gott und sich selbst zu erkennen. Er tritt gegen den Arminianismus und Hyper-Calvinismus für eine calvinistische Kombatibilität ein:

Kompatibilität ist sehr hilfreich, um die Beziehung zwischen Gott und Mensch in der Erlösung zu verstehen. Lassen Sie sich nicht vom Begriff „Kompatibilität“ abschrecken, nur weil er so nach Philosophie-Lehrbuch klingt. Es ist wirklich nicht schwer zu verstehen. Denk an Jesu Worte: „Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, wird nie durstig werden… Alles, was der Vater mir gibt, wird zu mir kommen, und wer zu mir kommt, den werde ich nie hinaustreiben“ (Johannes 6,35.37). Wer ist für die Erlösung einer Person verantwortlich? Der Mensch ist wirklich verantwortlich; Gott ist völlig souverän. Das ist es, was Kompatibilität betont.

Gerade junge Gläubige, die die reformatorischen Lehren für sich entdeckt haben, sollten in ihrem Eifer jedoch beachten, was Joel Beeke im Interview mit dem Credo Magazine sagt:

Erstens: Hüte dich davor, die reformierte Lehre zu vertreten ohne auch reformierte Frömmigkeit vorzuleben. Augustinus sagte, dass die drei wesentlichen Punkte (nicht fünf Punkte!) des Christentums Demut, Demut und Demut sind. Christliche Liebe und Demut wird sich in Sanftmut und Geduld gegenüber denen zeigen, die sich der Wahrheit widersetzen.

Zweitens: Versuch nie, die Leute von der reformierten Lehre durch bloße Logik und viele Zitate großer Theologen zu überzeugen. Das wäre eine Verleugnung von sola Scriptura (die Schrift allein ist die göttliche Regel des Glaubens). Lehre stattdessen die Bibel und bete ohne Unterlass für die Erleuchtung der Menschen. Logische und historische Theologie dienen dem Wort Gottes, nicht umgekehrt.

Ich empfehle zur sachlichen Auseinandersetzung den gesamten Artikel von Holger Lahayne, der neben einem geschichtlichen Abriss auch in Kürze auf die fünf Punkte eingeht. Wer sich genauer mit der Thematik auseinandersetzen möchte, dem kann ich das Buch Five Points von John Piper empfehlen. Auf deutsch eignet sich das Buch Die Lehren der Gnade: Eine Erklärung und Verteidigung der fünf Punkte des Calvinismus. Das Buch Warum ich weder Calvinist noch Arminianer bin: Verbindende Gedanken zu einem trennenden Thema von Wilfried Plock kann ich, unabhängig von seiner Position, leider nicht als sachliche Darstellung empfehlen.

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