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Leben als Christ

Wenn Stolz zu Zorn führt

Vor einiger Zeit war ich mit einer kleinen Reisegruppe in Israel, wo wir viele besondere und schöne Momente erlebten. Es gab allerdings auch eine Situation, an welche sich wahrscheinlich alle Teilnehmer ungern zurückerinnern. Wir waren mit einem Mietwagen unterwegs. Als wir abends in Jerusalem ankamen, habe ich als Fahrer die Mitfahrer am Hotel abgesetzt und anschließend nach einer Parkmöglichkeit gesucht. Dass die Parkplatzsituation in Jerusalem schwierig ist, wussten wir schon vor der Reise, aber dass es so schwer werden würde, einen einigermaßen erschwinglichen Parkplatz zu finden, hätte ich nicht gedacht. Ich fuhr nach einer längeren Suche mit dem Ziel in ein Parkhaus, das Auto für eine Nacht abzustellen und am nächsten Tag nach einem besseren Parkplatz zu suchen. Ich machte mir dabei keine große Mühe, die Preise zu prüfen. Ich sah beim Vorbeigehen nur eine Angabe eines Maximalbetrags für einen ganzen Tag. Ich ging davon aus, dass ich also bis zum nächsten Tag um die gleiche Uhrzeit da stehen könnte, um diesen Maximalbetrag zahlen zu müssen. Da ich das ja nicht vorhatte, ging ich davon aus, dass der tatsächlich zu zahlende Betrag weitaus niedriger ausfallen würde.

Anfällig für sündhaften Zorn

Als wir am nächsten Morgen das Ticket lösen wollten, waren wir ganz schön überrascht, sollten wir doch jetzt für die Dauer von 14 Stunden einen Betrag bezahlen, der über dem ausgewiesenen Maximalbetrag pro Tag lag. Als ich das sah, wurde ich richtig zornig. Das durfte doch nicht sein. Voller Wut ging ich auf einen Mitarbeiter des Parkhauses zu, um meinen Frust an ihm auszulassen. Da er nicht so gut englisch konnte, führte er mich einfach zum Automaten zurück und stellte mich über das eingebaute Telefon an eine andere Mitarbeiterin durch. Doch alles Diskutieren brachte nichts – wir mussten den angegebenen Betrag zahlen, was wir dann auch taten. Der Zorn blieb allerdings noch eine Zeit lang bestehen, was mich zu einem unangenehmen Reisegefährten machte.

„Das menschliche Herz ist außerordentlich anfällig für unangebrachten und sündhaften Zorn und ist von Natur aus voller Stolz und Egoismus.“

Jonathan Edwards – Charity and its fruits; 1852 Edinburgh: Banner of Truth, 1978, S,201

Ich möchte hier ein wenig über sündigen Zorn nachdenken. Nach meiner Beobachtung lässt sich dieser auf eine Wurzel zurückführen – auf Stolz. Zorn an sich ist nicht das Problem, die Wurzel des Problems ist unser stolzes Herz. Zorn kann generell auch in gerechter Form auftreten. Der Zorn, den Gott zeigt, ist ein Beispiel dafür. Und da wir in seinem Bild geschaffen sind, haben auch wir die Möglichkeit zu gerechtem Zorn. Doch ist unser Zorn oft nicht gerecht, sondern hat egoistische Motive und lässt uns ungerechte Dinge tun (Jak 1,20). Entscheidend ist also, was mich zornig macht. Dass es nicht nach meinen Plänen geht? Oder werde ich zornig, wenn Gottes Pläne (sein Wille) nicht zur Erfüllung kommen? Unser Problem ist, dass unser Zorn nicht von den gerechten Absichten Gottes angetrieben wird.

„Weil wir nicht anstreben, was Gott anstrebt, werden wir auch nicht zornig, wenn er zornig wird und gleichermaßen werden wir zornig, wenn er es nicht wird.“

Paul David Tripp – Streben nach Mehr!, S.244

Was war der Grund für meinen Zorn?

Der Grund für meinen Zorn war, dass es nicht so lief, wie ich mir das in meinen Plänen gedacht hatte. Möglicherweise war schon vorher eine latente Unzufriedenheit da, die aber den gleichen Grund hatte: meine Pläne erfüllten sich nicht. Außerdem wollte ich vor meinen Mitreisenden „mein Gesicht wahren“, denen ich vorher gesagt hatte, dass wir höchstens den angegebenen Tagessatz zu bezahlen hatten. Es hatte also mit meinem Ego und Stolz zu tun, damit, wie ich durch andere wahrgenommen wurde. Die Hauptursachen für den Zornausbruch könnte man wie folgt zusammenfassen. 

„Ich will nur den von mir als richtig angesehenen Betrag zahlen“ – Stolz

„Was werden meine Mitreisenden über meine Planung und Organisation denken? Das ist ja nicht die erste Panne!“ – Menschenfurcht

Dem Labyrinth entkommen

Kennst du ähnliche Probleme mit Zorn? Vielleicht ist dein Zorn weniger extrovertiert, sondern introvertiert, aber du hast regelmäßig mit Zorn zu kämpfen? Dann kann ich dir eine wirklich hilfreiche Broschüre vom 3L-Verlag empfehlen: Zorn – Dem Labyrinth entkommen.

David Powlison, der kürzlich verstorbene Seelsorger, geht in der Broschüre an den Kern des Problems. Erstaunlich, wie er das auf wenigen Seiten schafft. Ausgangspunkt sollte die Auseinandersetzung mit gängigen Lügen über unseren Zorn sein:

  1. Zorn ist etwas in meinem Innern.
  2. Es ist in Ordnung, auf Gott zornig zu sein.
  3. Mein größtes Problem ist mein Zorn auf mich selbst.

Danach gibt Powlison hilfreiche Fragen an die Hand, um den Zorn zu beurteilen und schließlich zur Lösung des Zornproblems führen sollen, u.a.

  • Wie kann ich Gott um Hilfe bitten?
  • Wie sollte ich in dieser Situation reagieren, um Gott zu verherrlichen?
  • Welche Folge haben Glauben und Gehorsam?

Die Ausführungen von Powlison sind kurz, gehen aber tief und sind erhellend. Die Broschüre gibt es hier.

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