Durch Hinweise von Brett McCracken, Redakteuer der Gospel Coalition, habe ich das erste Mal von Antoine Bradford gehört. McCracken schreibt über ihn: „Der in Kalifornien lebende Sänger hat einen gefühlvollen, authentischen, Gott-verherrlichenden Stil, der mehr Aufmerksamkeit verdient.“ In diesem Artikel möchte ich die Aufmerksamkeit auf sein Album Even in the Dark aus dem Jahr 2019 lenken. Das ganze Album ist mit einem modernen Psalm zu vergleichen, einem „Gebet aus der Tiefe“. Es enthält sechs Stücke, die eng miteinander verknüpft sind und als Ganzes gehört werden sollten.
Liar
Das Album beginnt mit einer Klage. Die genaue Not wird nicht genannt, aber sie lässt ihn an Gottes Liebe zweifeln. Bradford beschreibt eindrücklich die Enttäuschung, die er fühlt. Er bezichtigt Gott der Lüge: „Liar, you told me that you’d be good for me.“ Die Klage wird musikalisch durch schwere Schläge bestätigt, die die lähmende Verzweiflung untermalen. Doch bereits am Ende dieser Klage deutet er den ersten Hoffnungsschimmer an, als er sich an Jesus wendet: „Jesus, can you fix the mess I made?“ Die Musik deutet die Hoffnung an dieser Stelle ebenfalls leise durch die einsetzenden Harmonien an.
Need You Now
Im zweiten Stück wendet er sich mit einer dringlichen Bitte an Jesus. Das Lied spiegelt die Verzweiflung immer noch wider, gleichzeitig aber ist es von einer demütigen Unterwerfung gekennzeichnet, in der sich die leise Hoffnung fortsetzt, dass Jesus eingreifen wird. Das zeigt sich beispielsweise darin, dass das wiederkehrende „I need you now“ im Hintergrund von einem aufsteigenden „Oh-oh-oh“ begleitet wird. Er kniet vor Jesus und richtet sein Flehen an ihn. Darin ist aber auch die Hoffnung enthalten, aus der Tiefe gerettet zu werden. Die Wiederholung der Bitte deutet das ausharrende Gebet an.
Give me Jesus
Das dritte Lied des Albums stellt den Wendepunkt dar. „Give me Jesus“ kennzeichnet den Durchbruch, wenngleich er noch nicht voll sichtbar ist. Es sind eher die ersten, noch schwachen Sonnenstrahlen am Morgen, die nach einer langen Nacht auftauchen. Aber die entscheidende Wende ist vollzogen: „You can have all this world. Just give me Jesus.“ Alles, was er bisher noch in seiner Hand hielt, überlässt er nun seinem Herrn. Wenn er Jesus hat, hat er alles, was er braucht, in seiner Einsamkeit, in seinem Leid, ja sogar im Tod. Es ist interessant, dass Bradford alle Stücke des Albums selbst komponiert hat, aber für die entscheidende Wende das ziemlich bekannte „Give me Jesus“ wählt. Er unterstreicht damit, dass er kein neues Geheimnis bietet, um Krisen zu meistern, sondern dass die alte Botschaft des Evangeliums genügt. Sie hat immer noch dieselbe Kraft, besonders wenn man nur Dunkel um sich sieht.
Promises
Aus dieser Wende ensteht sein Bekenntnis. Er denkt dabei an den größten Beweis der Liebe Gottes, den dieser auf Golgatha erbrachte. Sein Bekenntnis mündet in einem Ausbruch von Vertrauen auf die Verheißungen Gottes. Der Blick auf Gottes Zusagen lässt ihn – er ist selbst überrascht davon – singen. Er erkennt nun, dass Gottes Wort auch ihm gilt, in seiner Not. Er versteht, wenn er das Erlösungswerk sieht, dass weder Tod noch Leben, weder Freuden oder Depressionen ihn von der Liebe Gottes trennen können. Der Durchbruch wird musikalisch durch die bewegliche Gitarrenbegleitung untermalt.
Post Tenebras
Das nächste Stück drückt wunderschön aus, wie er die warmen Sonnenstrahlen genießt und die ganze Dunkelheit der Nacht von ihm abfällt. Der einfallende Bass während des musikalischen Intermezzos nach dem ersten Vers veranschautlicht die Entspannung. Endlich ist die Nacht vorbei. Deshalb singt er im Anschluss: „After darkness the Light / Shining so bright.“ Er ist sich sehr bewusst, dass das nur durch Gottes Gnade möglich war, deshalb betet er auch dann noch: „Open my eyes so I can see.“
Lux
Sein Gebet schließt trotz der ungewissen Zukunft mit einem hoffnungsvollen Ausblick. Der Grund dafür liegt bei Gott, in seiner Güte und Zusage. Bradford drückt es sprachlich gekonnt aus, wenn er feststellt: „Lord, I know that every step You lead / Is pulling me deeper, deeper in the light.“ Selbst wenn es tiefer und tiefer geht, wenn der Herr führt, geht es tiefer ins Licht.
Ich empfehle jedem, das Album sozusagen als eigenes Gebet zu hören. Mit der kritischen Distanz eines Musikkritikers wird es seine volle Wirkung nicht entfalten. Wer sich durch seine kulturelle Prägung nicht von der Musik stören lässt, findet einen modernen Psalm, der den Glauben in Zeiten und für Zeiten der Not stärkt.
Das Album findet sich z.B. bei Spotify oder iTunes. Und auch wenn die Wirkung nur im Ganzen entfaltet wird, hier das Lied, das die Wende bedeutet:
Eine Antwort auf „Antoine Bradford: Even in the Dark“
Erinnert vom Aufbau ein wenig an den „Lobgesang“ von Mendelssohn.