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Bibel & Theologie

Mit Ausdauer laufen (4): Laufen im Wissen um den Sieg

Ende letzten Jahres verstarb der Theologe R.C. Sproul, vor ein paar Tagen der Evangelist Billy Graham, die Gott in seiner Gnade beide auf großartige Weise gebraucht hat – es sind Menschen, die den Wettlauf des Glaubens gut und ausdauernd zu Ende gelaufen und uns ein gutes Vorbild darin geworden sind. Auch Paulus konnte, als er dem Tod immer mehr ins Auge blickte, von sich schreiben, dass er den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet und den Glauben bewahrt hat (Phil. 4,7).

So sehr diese Menschen und ihr Zeugnis Ermutigung und Inspiration für uns sind, so sehr sind sie auch demütigend und herausfordernd, weil wir noch in diesem Wettlauf stehen, weil wir noch nicht vollendet sind und uns fragen, woher wir die Kraft für den ausdauernden Lauf nehmen sollen und ob wir nicht viel mehr – angesichts der Herausforderungen – „auf der Strecke“ bleiben werden. Der Text aus Hebräer 12,1-3 gibt uns für diese Frage wunderbare Antworten und Ermutigungen mit auf den Weg, wie wir mit Ausdauer laufen können.

„Deshalb lasst nun auch uns, da wir eine so große Wolke von Zeugen um uns haben, jede Bürde und die uns so leicht umstrickende Sünde ablegen und mit Ausdauer laufen den vor uns liegenden Wettlauf, indem wir hinschauen auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der um der vor ihm liegenden Freude willen die Schande nicht achtete und das Kreuz erduldete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes. Denn betrachtet den, der so großen Widerspruch von den Sündern gegen sich erduldet hat, damit ihr nicht ermüdet und in euren Seelen ermattet!

Nachdem der Autor des Hebräerbriefes aufgezeigt hat, das uns die Wolke von Zeugen zum Kämpfen und zum ausdauernden Laufen ermutigt (siehe Teil 1), sagte er im zweiten Vers wie man diesen Lauf meistern kann: Im Blick auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens (siehe Teil 2) und im Blick auf das herrliche Ziel (siehe Teil 3).

Unter den drei starken Ermutigungen sticht der zweite Punkt am stärksten hervor, weil das der Schlüssel ist, wie wir den Lauf meistern werden. Er umrahmt und verbindet die anderen Punkte und die Aufforderung, ja er macht sie überhaupt erst möglich: Wir sollen alles dranlegen, um mit Ausdauer zu laufen (dazu gehört unsere Verantwortung, Sünde und jegliche Lasten ablegen), indem wir hinschauen auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der all die Glaubenshelden (von denen es eine Menge für unseren Lauf zu lernen gibt) vor uns zu dem Ziel gebracht hat.

Ich möchte mit einem Vergleich schließen: Um 490 v.Chr. kämpften in der griechischen Stadt Marathon die Griechen gegen die Perser. Überraschenderweise siegten die Griechen. Ein Bote von ihnen lief ins knapp 40 km entfernte Athen, um die Siegesnachricht zu verkünden. Als er in Athen ankam, rief er laut „Nike, nike“ (Sieg, Sieg) in die Stadt hinein – und starb anschließend vor Erschöpfung…

Von den meisten Historikern wird diese Geschichte als spätere Erfindung, als Propaganda gewertet – letztlich soll es sich nur um eine Sage handeln. Wie dem auch sei, mich bewegt diese Geschichte aus einem ganz anderen Grund: Sie gibt nämlich ein wunderbares Bild für unseren Lauf als Christen ab (auch wenn das Bild die Wahrheit des Textes nicht voll erfasst). Bei dieser Geschichte drängen sich zwei Fragen auf: 1) Warum läuft der Bote überhaupt? und 2) In welchem Verhältnis steht er zu dem Inhalt dieser Siegesbotschaft?

Es ist doch so: Der Bote läuft nicht etwa deshalb, weil sein Volk verloren hat und er auf der Flucht ist, sondern gerade weil sie gewonnen haben, er läuft auf der Tatsache des Sieges (siehe Teil 1). Dabei ist es ja nicht sein Sieg, er hat ihn ja nicht errungen, er ist ja nur der Bote, der den Sieg verkündigt. Es ist der Sieg, den die Krieger seines Volkes erkämpft haben (Teil 2). Ist es bei uns Christen nicht genauso? Wir Christen können doch nur deshalb recht laufen, weil Christus der Anfänger und Vollender unseres Glaubens ist, weil er schon alles vollbracht hat. Wir laufen nicht, weil wir noch irgendetwas dazu tun müssten, was Christus noch nicht fertigbekommen hat, sondern wir laufen einzig und allein in der Tatsache seines vollkommenen Sieges! Wenn unser Lauf einmal mit unserem Tod beendet sein wird, dann werden auch wir „Nike, nike“ rufend in den Himmel eingehen – aber wir werden nicht unseren Sieg verkünden, wir werden nicht proklamieren, wie gut wir gelaufen sind, sondern wir werden einzig und allein den Sieg dessen verkünden, der uns den Glauben geschenkt und erhalten hat, der das gute Werk vollendet hat, indem er uns durchtrug.

Letztlich gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir mühen uns und strampeln uns ab, weil wir meinen, dass wir noch etwas zu unserem Heil dazu zu tun hätten oder aber wir laufen befreit aufgrund der Tatsache, dass Christus der Anfänger und Vollender unseres Glaubens ist, angetrieben von denen, die uns vorangegangen sind (wie R.C. Sproul und Billy Graham), fokussiert auf das Ziel, zu dem Jesus sie geführt hat und zu dem er auch uns führen wird.

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