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Leben als Christ

Warnende Gedanken an junge Theologen

Helmut Thielicke, der nach seiner Emeritierung insbesondere ein Herz für junge Prediger offenbarte, schreibt zu Anfang seines Buches Auf dem Weg zur Kanzel[1] über den theologischen Stimmbruch. Mit dieser Formulierung meint er die Phase im Leben eines jungen Theologen, die den angehenden Prediger nach den ersten Semestern an der theologischen Bildungsstätte erfasst.

Es besteht ein Hiatus [eine Kluft] zwischen dem Stadium des jeweils eigenen geistlichen Wachstums und dem, was er über dieses Stadium hinaus intellektuell weiß. Man hat ihm sozusagen wie einem Bauernjungen eine zu große, bis unter die Knie herunterreichende Hose angemessen, in die er erst noch hineinwachsen muß[!] – so wie auch ein Konfirmand erst noch in die zu lange Hose des Katechismus hineinwachsen muß. […]

Man hat nämlich dann irgendeine Wahrheit nicht als Urerlebnis ,durchgemacht´, sondern man hat sich durch ,Anempfindung´ in die literarische oder gedankliche Verdichtung hineinversetzt, die das Urerlebnis eines andern (etwa Luthers) gefunden hat. Man lebt also aus zweiter Hand. […]

Das Theologiestudium erzeugt oft intellektuell langaufgeschossene Jungen, bei denen die inneren Organe nicht gleichmäßig mitgewachsen sind. […]

Während des Stimmbruchs singt man nicht, und während des theologischen Stimmbruchs predigt man nicht – jedenfalls nicht ungehemmt und mit allen verfügbaren ,PS´, sondern viel eher summend und einen vorsichtigen Kontakt mit dem Chor suchend.

[1] Thielicke, Helmut (1983): Auf dem Weg zur Kanzel – Sendschreiben an junge Theologen und ihre älteren Freunde. Stuttgart: Quell Verlag

Eine Antwort auf „Warnende Gedanken an junge Theologen“

Exzellent! Da hat man sein eigenes Unbehagen, ob solcher Situationen, gerade einmal bemerken können, ist aber noch weit von etwaigen Formulierungen entfernt, schon findet sich dieser Artikel, dazu noch prägnant und in schöner Sprache. Man möchte Calvin zitieren: „Denn Gottes Wort ist nicht schon dann im Glauben erfasst, wenn man es ganz oben im Hirn sich bewegen lässt, sondern erst dann, wenn es im innersten Herzen Wurzel geschlagen hat… die Vertrauenslosigkeit des Herzens ist ja auch viel größer als die Blindheit des Verstandes, und es ist viel schwieriger, dem Herzen Gewissheit [der Liebe Gottes] zu verleihen, als den Verstand mit Erkenntnis zu erfüllen.“

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