Kategorien
Leben als Christ

Interview mit Hanniel Strebel: „Ich führe mich, weil Gott mich führt“ (3)

Du sprichst mit deinen Söhnen über langfristige Ziele: Wie sehen deine langfristigen Ziele aus?

Vielleicht wird diese Antwort erstaunen. Ich bete täglich: „Stärke meine Liebe zu Jesus und zu meiner Frau.“ Daraus ergibt sich alles andere. Dies betrachte ich nicht als unzulässige Vereinfachung. Dieses Gebet hat gewaltige Auswirkungen. Ich begebe mich auf Göttersuche. Die Ergebnisse sind vernichtend. Mein Herz hängt sich ständig an neue Götzen. Dies wird so bleiben bis zum Tag meines Todes. (Man lese dazu meine Einführung in das Must-Read Buch „Die Pilgerreise“.)

Wenn der Götze entdeckt ist, muss ausgemistet werden. Ich mache ein aktuelles Beispiel: Es ist mir klar geworden, dass ich innerlich der Fantasie „wenn meine Söhne erwachsen sind, dann…“ nachhing. Innerlich stellte ich mich auf eine ruhigere Zeit ein. Mit Gottes Hilfe befreie ich mich in diesen Monaten von dieser Flucht-Fantasie. Ich rechne damit, dass der Kampf intensiver, mein Nervenkostüm angespannter und mein Ringen um die wahre Freude anspruchsvoller werden wird.

Ich sehe aus dieser Warte das Thema „Heiligung“. Ich stolpere Tag für Tag meinem himmlischen Ziel entgegen. Es geht mir dabei wie „Christian“ in der „Pilgerreise“. Von der (Sünden-)Last kann ich mich nicht selbst befreien. Sie wurde mir am Kreuz weggenommen. Ständig begegnen mir Weggefährten, die mich vom Ziel ablenken wollen. Ich fliege in Sümpfe und lande in der Burg des Zweifels. Manchmal habe ich einen offenen Zweikampf zu bestehen. Vernarbt gehe ich weiter. Ich habe das Buch bei mir. Und Gott schickt mir Begleiter wie den Evangelisten, die mich stärken. (Mehr habe ich in diesem Podcast dazu gesagt.)

Wie konkret und detailliert sollte man sich die Ziele setzen und festhalten? Manche Blogger empfehlen, sich die Ziele genau zu visualisieren, sich also vorzustellen was man fühlt, riecht, sieht und schmeckt, wenn man das Ziel erreicht hat. Was ist von Visualisierung zu halten?

Auch hier gilt es zwischen Struktur und der Richtung zu unterscheiden. Gott hat dem Menschen die Vorstellungskraft und die Fähigkeit zur Visualisierung gegeben. Er kann und darf über den Moment und die eigene Person hinaussehen. Ich glaube, dass dies ein Aspekt der Ebenbildlichkeit Gottes darstellt. Es gehört zur Struktur des Menschen.

Die Frage ist nun, in welche Richtung der Mensch geht. Wenn er auf sich selbst ausgerichtet bleibt (also mit einem säkularen Verständnis der Selbstführung lebt), kann er diese Fähigkeit nur zu leicht missbrauchen. Nach dem zweiten Gebot beginnt er sich eine Vorstellung von Gott zu machen. Diese findet seinen Ausdruck (auch) in seiner Zielvisualisierung.

Wenn Gott uns mit den fünf Sinnen ausgestattet, dann wollen wir sie zu Seiner Ehre gebrauchen. Selbstverständlich will ich schmecken, wie gütig der Herr ist. Ich möchte hören, was meine Söhne auf bestimmte Fragen antworten. Ich darf über das Riechen eines guten Essens in die Anbetung geführt werden. Und ich darf sehen, welche Herrlichkeit in der Schönheit eines wilden Gartens liegt.

Ich möchte gerne noch auf eine wunde Stelle der Visualisierung hinweisen. Alles und jedes muss heute gemessen und verglichen werden. Diese Gefahr ist gerade für die Tätigkeit über das Internet sehr groß. Wir beginnen auf die Klickquoten zu gucken. Mit der Zeit wissen wir, welche Titel und Inhalte die höchsten Klickraten erzielen. Achtung, hier lauert ein Götze!

Welche Tipps für das Etablieren von guten Gewohnheiten oder zum Ändern von Gewohnheiten kannst du uns mitgeben?

Der Evangelist Francis Schaeffer (1912-1984) bringt es auf den Punkt: „Weil es ‚geistliches Gebiet‘ betrifft, scheinen so viele Menschen zu denken, dass es in einer ganz anderen Weise als in den normalen Abläufen des Lebens wachsen sollte. Aber das ist nicht wahr, denn es ist der gleiche Gott, der das Wachstum der Bäume und das Wachstum unseres geistlichen Lebens hervorbringt.“

Dies ist der Schlüssel für das Etablieren von guten Gewohnheiten. Denken wir an kleine Kinder. Wenn sie etwas im Kopf haben, wie oft versuchen sie es? Sie fallen um und eh‘ man sich’s versah, stehen sie schon wieder und probieren weiter. Der Gerechte fällt und steht wieder auf (vgl. Sprüche 24,16). So ringe ich um die Veränderung von unbedeutenden Abläufen nicht eine Woche, sondern zwischen drei und sechs Monaten. Das beste Beispiel sind Wünsche meiner Frau. Es dauert lange, bis sie ohne Nachdenken umgesetzt sind.

Wie wichtig sind Rituale? Wie sieht dein Morgenritual aus?

Der Begriff „Ritual“ hat – wie auch das Wort „Spiritualität“ – einen esoterischen Beiklang. Im Konsumjargon ausgedrückt, es geht um meinen Profit der Selbstoptimierung. Meine Gewohnheiten am Morgen folgen der Leitsatz „einfach und meiner Persönlichkeit/Situation angepasst“. Das bedeutet: Ich stehe nicht so früh auf, wie ich es gerne hätte. Ich bitte Gott schon seit Jahren, dass er meinen Schlaf stärkt, damit ich morgens um vier aufstehen und mit Lesen und Schreiben beginnen kann. Die Wirklichkeit von heute sieht so aus: Ich bete mit meiner Frau und bespreche den Tag. Dafür nehme ich gerne Verspätung in Kauf. Auf dem Arbeitsweg lese ich vier bis sechs Kapitel der Bibel. Seit wenigen Monaten nehme ich eine englische Bibel und eine Schachtel Buntstifte mit. Ich bin so vertieft, dass ich kaum etwas wahrnehme. Viele Menschen beobachten meine „Malaktion“ und lesen mit. Bevor ich das Gebäude betrete, bete ich nochmals.

Vielen Dank für die fundierten und hilfreichen Antworten!

 

Kommentar verfassen